L`école des artistes cirquistes
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 Zirkus Zitkala

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Nael Nakai

Nael Nakai


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Zirkus Zitkala - Seite 8 Empty
BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptySa Jan 13, 2024 10:33 pm

Es fühlte sich an, als ob die ganze Welt in Watte gepackt war. Ich nahm irgendwie gar nichts mehr so richtig war. Nun da die Übelkeit gewichen war, blieben bloss eine grosse Leere und das Bild meiner Mutter zurück. Ich verstand meine Reaktion gerade selbst nicht. Jahrelang konnte sie mir gestohlen bleiben; der letzte Kontaktversuch hatte mich wütend genug gemacht, um meine liebsten Menschen anzuschreien. Doch jetzt, wo sie noch einen Schritt weiter ging und ohne Einladung einfach hier auftauchte, war die Wut wie weggeblasen. Stattdessen war da dieser Kloss in meinem Hals. Nicht schwer genug, um Tränen zu produzieren aber ausreichend, dass mein Mund sich ganz trocken anfühlte und ich trotzdem mehrfach schlucken musste. Wieso reagierte ich so? Es gab eine offensichtliche Erklärung, die ich aber gar nicht in Betracht ziehen wollte. Und dennoch wanderten meine Gedanken immer wieder in die Richtung, zumindest bis Maikes Präsenz mich wieder in die Realität zurück holte.

Die Holzbank unter mir gab etwas nach, als sie sich neben mich setzte. Oberkörper zu mir ausgerichtet, wahrscheinlich mit einem Bein auf jeder Seite. Sie konnte noch gar nicht einmal richtig abgesessen sein, als sie sich bereits entschuldigte. Das unruhige Schwanken ihrer Stimme liess bei mir alle Alarmglocken schellen und vertrieb auch noch die letzte Lethargie aus meinen Knochen. Ich drehte meinen Kopf zu ihr, gerade rechtzeitig um zu sehen, wie sie ihre Tränen wegwischte. "Hey", sagte ich sofort und nahm ihre Hand in Meine. Mein Hals kratzte beim Sprechen ziemlich stark, wahrscheinlich etwas mitgenommen vom zweiten Besuch meines Mittagessens. "Ich bin nicht böse auf dich."
Mein Engel sah mich aus wässerigen Augen zurückhaltend erleichtert an. Ich konnte sie verstehen, meine Reaktion verwirrte mich gerade ja auch selbst. Mehr Worte fielen mir auch nicht ein, aber ich legte einen Arm um ihre Taille und zog sie so nahe zu mir, dass ich meinen Kopf auf ihre Schulter legen und mein Gesicht an ihrem Hals verbergen konnte. Ich hoffte, dass das genug Zeichen für sie sein würde, dass ich ihr keine Schuld gab.

Als ich mich wieder von Maike löste, war Sara zu uns getreten. Zwei Teller mit Essen waren etwa gleichzeitig auf dem Tisch aufgetaucht, vermutlich von ihr hinüber gebracht. Ich war unsicher, ob sie das Essen für sich und Keanu oder uns alle geholt hatten. Eigentlich war es in diesem Moment aber auch ziemlich egal. Nach der Tortur vorhin würde ich mindestend bis morgen früh einen grossen Bogen um alles Essbare machen.
Halb abwesend hörte ich zu, wie Keanu Sara einweihte. Mein Arm lag immer noch um Maike und die Finger meiner Hand beschäftigten sich damit, den Stoff ihres Oberteils um meinen Zeigefinger zu wickeln und dann wieder los zu lassen. Wirklich zuhören tat ich erst wieder, als Keanu sich an mich wandte.
Es war süss zu hören, wie sehr er Maike in Schutz nahm. Gleichzeitig bestätigten seine Worte aber auch das, was ich befürchtet hatte: ich hätte anders reagieren sollen. Und die Tatsache, dass ich das nicht tat, bereitete mir Bauchschmerzen.
"Wir haben ihr gesagt, sie solle das Zirkusgelände verlassen und sie solle nicht eigeninitiativ zurück aufs Gelände kommen. Sie scheint aber für ein paar Tage hier in der Umgebung zu bleiben," schloss Keanu und liess mich für einen Moment das Thema vergessen. Sie würde in der Gegend bleiben. Wollte Keanu sie sehen? Wollte ich sie– ich traute mich nicht den Gedanken zu Ende zu denken. Stattdessen konzentrierte ich mich wieder auf meinen Bruder. "Wirst du sie treffen?"
Keanu zögerte, auch ihm schien die Antwort schwer zu fallen. Schliesslich nickte er jedoch langsam. Sein Blick blieb an mir hängen und ich konnte genau herauslesen, was er wissen wollte. "Und du?"

Glücklicherweise rettete mich unverhofft Dad vor der Antwort. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er auf unseren Tisch zukam und das brachte Leben in meinen ziemlich müden Körper.
"Wir treffen uns morgen um Acht bei unserem alten Wohnwagen, ok? Wird Zeit, dass wir den für Kelly und Jacob fertig machen", sagte ich schnell und erhob mich. Meine Hand fand Maikes automatisch und ich zog sie mit mir ohne Kommentar. Ich wollte weg von hier, aber allein sein konnte ich gerade auch nicht. Wer wusste, was ich dann noch anstellen würde. Ich hoffte, dass sie das verstand.

Wir legten den Weg zum Tiny House still zurück. Mir fehlten schlichtweg die Worte. Ich wollte einfach weg, nach Hause. Das Häuschen lag komplett im Dunkeln, als wir es erreichten. Ich hatte mich so daran gewöhnt, dass Jacob und Kelly meist schon da waren und die Fenster hell leuchteten, dass der Anblick richtig ungewohnt war. Dennoch war ich froh, dass es an diesem Abend nicht so war. So gern ich die Zwei gewonnen hatte, ich wusste nicht, ob ich gerade jemand anderen als Maike ertragen hätte.
In dem Moment, in dem sie die Tür öffnete, war es als ob das letzte bisschen Energie auch noch aus meinem Körper entwich. Ich durchquerte den Raum ohne erst Licht zu machen und liess mich auf das ausgezogene Sofa fallen. Dann zog ich mir ein Kissen übers Gesicht und schrie einfach erst mal aus vollem Leib rein. "Fuuuck."

Maike sass neben mir, als ich dss Kissen wieder von meinem Kopf zog. Ich seufzte. "Tut mir leid, dass das Ganze den Abend versaut hat. Eigentlich hätte heute doch ein Tag zum feiern sein sollen..."
Sie nahm es mir nicht übel. Natürlich tat sie das nicht. Als ob ich noch mehr Gründe brauchte, sie zu lieben. Anstatt Drama zu machen oder sich zu beschweren, sass sie einfach neben mir und begann nach einer Weile mir sanft mit ihren Fingern durch die Haare zu fahren. Es  tat wirklich gut und für einen Moment schloss ich sogar meine Augen. Doch dann war das Bild sofort wieder da.
Ich setzte mich wie von einer Wespe gestochen auf und vergrub mein Gesicht in meinen Händen.
"Ich versteh das Ganze nicht", murmelte ich ohne aufzusehen. "Ich sollte wütend sein... Ich bin wütend auf sie. Aber sie so in echt wieder zu sehen... Ich- Es- Ich glaube ich habe sie vermisst."
Ich drehte mein Gesicht zu Maike. "Ist das verrückt?"

Es auszusprechen klang zumindest ziemlich verrückt. Aber es war die einzige Erklärung dafür, wie ich mich gefühlt hatte, als ich sie gesehen hatte. Als ich gesehen hatte, sie alt sie geworden war. Wie die Zeit vergangen war.
Ich war nicht bereit dazu, mehr darüber zu sprechen. Auch wenn ich vermutete, dass Maike das wahrscheinlich gerne getan hätte. Deshalb war ich auch nicht böse, dass sie am nächsten Morgen auf ihrer Laufrunde war, als ich mich fertig machte und dann zu Keanu's und meinem alten Wohnwagen ging.
Mein Bruder hatte natürlich bereits angefangen und versucht etwas System ins Chaos zu bekommen. Ich begrüsste ihn, doch auch er schien heute morgen mit seinen Gedanken wo anders zu sein. So arbeiteten wir sicher eine Stunde still vor uns hin, bis ich eine Kiste von meinem alten Bett nahm und dahinter eine Wand zum Vorschein brachte, die mit Fotos von mir und Keanu zugepflastert war. Besonders eines ganz unten links fiel mir ins Auge. Wir waren noch Kinder darauf, vielleicht 10 oder 11 Jahre alt. Mum hatte es nach einer Surf-Lektion am Strand aufgenommen. Wir grinsten beide breit in die Kamera, Haare nass und ins Gesicht geklebt und die Oberkörper voll mit Sand.
Es war eines von drei Bildern, dass Dad an mich abgetreten hatte, nachdem wir in Sydney gelandet waren. Aber es war definitiv das, welches ich später noch am meisten betrachtet hatte. Keanu mochte surfen damals auch, doch es war das allererste gewesen, in dem ich besser war als er. Und ich hatte es die ersten Monate im Zirkus enorm vermisst.

Ich stellte die Kiste neben Keanu auf den Boden und setzte mich zu ihm. "Kann ich dich etwas fragen?"
Er hielt inne und sah mich über den Rand der Kiste Weihmachtsornamente auf seinem Schoss an.
Ich atmete noch einmal tief durch und sagte dann: "Warst du eigentlich je sauer, dass Dad mich mitgenommen hat und nicht dich?"
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Sara Visconti

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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptyDi Jan 23, 2024 5:10 pm

Es schien eine seltsame Stimmung zu herrschen und so setzte ich mich dann erst einmal in die Runde. Nael wirkte auf mich so als hätte er etwas Schlechtes gegessen und das bedrückte mich doch schon etwas. Erst Keanu brachte etwas Licht ins Dunkel und mit Licht meinte ich eher so etwas wie ein Meteor. Keanu und Nael Mutter war hier im Zirkus gewesen. Das schlug sehr stark ein und belastete die gesamte Runde.  Maike hatte Tränen in den Augen und auch Keanu wirkte total verwirrt. Er versuchte jedoch wieder den Starken zu spielen. Seine Frage ob das essen nur für mich und den kleinen Würmchen war, ließ mein Herz schmelzen. Er nannte sie genau wie ich Würmchen und das liebte ich nur zu sehr. “Nein, das ist dann noch zu fettig für mich alleine. Ich hatte gedacht das wir alle davon essen sollten.“ Es war wirklich nicht so gut wenn ich jetzt das dicke Fleisch essen würde. Sicherlich würde dann mein Magen wieder rebellieren.

Keanu verteidigte  Maike und ich versuchte das alles noch ein bisschen zu verstehen.  Vielleicht war ihre Mum ja die Führung die Maike noch hatte. Den Streit den die Drei hatten war wirklich nicht gut gewesen und Keanu würde alles tun, damit das nicht noch einmal so enden würde. Ich hoffe es so sehr und dennoch war es ein rotes Tuch für Nael gewesen.

Nael wollte von Keanu wissen ob er vorhatte ihre Mutter zu treffen. Sie würde noch eine gewisse Zeit in der Gegend sein.  Keanu wollte und ich fragte mich, ob es in seinem Sinne war zu erzählen das sie Oma werden würde. Doch zu dieser Frage kam ich nicht, denn er wollte erst einmal wissen was Nael wollte.  Dieser wirkte nicht gerade gesprächig und als dann Schritte näher kamen stand er plötzlich auf und nahm Maikes Hand. Nael verabschiedete sich mit den Worten das er und Keanu morgen den Wohnwagen fertig machen wollten und dann waren sie weg. Kaum ein paar Sekunden später kam auch schon Chacka zu uns. Er war so gut gelaunt und ich wusste nicht ob es der richtige Weg war ihm von seiner Ex zu erzählen. Ich würde meinen Mund nicht aufmachen und deshalb wollte ich es eigentlich Keanu entscheiden lassen, doch dieses war so durcheinander und so nahm ich es doch erst einmal in die Hand. Wenn ich eines konnte, dann ein Geheimnis gut verpacken. “Wo sind die Beiden denn so schnell hin? Haben sie überhaupt etwas gegessen?“  Er nahm gegenüber von uns Platz und so nahm ich mir einen bissen von den Tellern vor mir und meinte. “ Sie waren wirklich sehr müde beide. Die Anspannung nach der Show ist jetzt von den Beiden abgefallen und sie wollten sie hinlegen. Es war eine Halbwahrheit oder eine Halblüge, das konnte jeder für sich selber entscheiden, doch es gab uns Zeit selber mit der Lage erst einmal Herr zu werden.  Keanu musste eine Nacht drüber schlafen um zu schauen wie und ob er es Chacka sagen wollte.


Wir aßen noch etwas und irgendwie war die Gesellschaft dann doch noch ganz okay. Es gab einen schwarzen Schatten, doch der ließ sich nach hinten drängen. Wenn auch nur für eine kurze Zeit.  Die Zeit verging und ich war einfach nur noch müde vom Tag. Also drehte ich mich zu Keanu. Er bekam einen Kuss von mir. “Ich werde mich jetzt zurückziehen. Zu meiner großen Überraschung stand er mit mir auf und war bereit auch zu gehen. Die meiste Zeit war ich ohne ihn gegangen, doch jetzt wollte  er auch nur noch ins Bett. Ich nahm seine Hand und so schlenderten wir Hand in Hand zum Tiny House. “Was ein verrückter Tag das doch war. Wie geht es dir jetzt?“ Auch für ihn musste das alles sehr viel sein und ich hoffte wirklich, dass er das Ganze gut vertragen konnte. Wir wechselten noch ein paar Sätze und dann war ich einfach nur noch Ko.

Im Bad ging es dann ganz schnell und schließlich schliefen wir eng angekuschelt ein. Es war ein erholsamer schlaf. Die letzten Nächte waren sowieso wirklich sehr gut. Schwanger zu sein machte mich müde und deshalb waren die letzten Tage auch eher immer von einem Müdigkeitsgefühl geprägt.

Am nächsten Tag erwachte ich und hörte schon das Keanu sich fertig machte. Er wollte sich früh mit Nael treffen um den Wohnwagen auszumisten. Ich stand auch auf und gab ihm erst einmal einen guten Morgen Kuss auf die Wange. „Ich hoffe du hattest eine gute Nacht und konntest dich von dem Schock ein bisschen erholen. Er erzählte mir kurz etwas und meinte dann das er sich so langsam auf den Weg machen musste. Ich verstand ihn. Nael gestern so zu sehen war bestimmt nicht einfach für ihn. Zwillinge brauchten sich und so wünschte ich mir das für meine beiden Würmchen auch.

Den Morgen ließ ich noch etwas entspannt starten und so war es neun als ich bei Karmen ankam. Sie schien auch etwas entspannter zu sein und so konnten wir die Zeit nutzen um über die Show zu reden.  Ihr hatte sehr viel gefallen und nur bei ein paar Kostümen wollte sie noch ein paar Verbesserungsvorschläge anbringen. Ich nickte ihr zu und wollte gerade an die Arbeit gehen, da schüttelte sie auch schon den Kopf. “Du wirst heute einen Tag Pause machen. Gestern war es sehr viel für dich und wir wollen doch das du vielleicht mir den ein oder anderen Tag noch weiter helfen kannst.“ Es überraschte mich, doch ich nickte. Sie hatte ja auch recht. Gestern war viel gewesen, also hieß es nun besser doch eine Pause machen.

Nur leider wusste ich nicht wirklich viel mit mir anzufangen und die beiden Jungen wollte  ich auch nicht stören. Alle waren so fleißig und ich wollte wirklich das sie ihre Arbeit nicht wegen mir unterbrechen mussten. So schrieb ich Keanu nur eine SMS das ich am Strand ein bisschen spaziere war.  Ich wollte einfach meinen Kopf frei bekommen und wo ging das bitte besser als am Meer?

Kaum dort, war leider genau das Gegenteil der Fall. In meinem Kopf drehte sich alles. Immer wieder musste ich an die Situation von gestern denken und an der Tatsache das meine Eltern nichts davon wusste. Je länger ich das Ganze hinzog, desto schwerer wurde es für mich zu sagen. War es vielleicht zeit es genau jetzt zu tun? Alleine wenn ich darüber nachdachte wurden meine Knie weich und deshalb suchte ich mir zuerst einmal eine Bank. Kaum saß ich so wurde mir richtig bewusst was ich gerade vor hatte. Das machte mir Angst und doch wollte ich kein Angsthase sein. Also zog ich mein Handy und wählte die Nummer meiner Mutter.

Es klingelte und nervös biss ich mir auf die Unterlippe. Eine gut gelaunte Stimmte meiner Mutter war zu hören. “Sara mein Schatz, wie geht es dir und wie läuft die Arbeit? Ist es jetzt gerade etwas ruhiger?“ Sie glaube ganz fest das ich mich nur so selten meldete weil ich so viel Arbeit hatte. Halt was ein Arzt so an Arbeit hatte. Doch in Wahrheit habe ich mich nur gedrückt mit ihnen offen zu reden. “ Hey, also deshalb wollte ich anrufen. Es ist nämlich so… Tief musste ich noch einmal Luft holen. “… Also ich bin nicht bei Ärzte ohne Grenzen. Also ich war niemals dort. Ich bin in den Zirkus gegangen. Schon vor zwei Jahren. Ich weiß das ich es euch hätte sagen müssen, doch ich wusste auch das ihr das niemals zugelassen hättet… Ich hörte das scharfe einziehen von Luft und mir lief ein kalter Schauer über den Rücken.  Dann schimpfte sie auch schon los. “Sara das ist nicht dein Ernst. DU hast uns zwei Jahre belogen? Jedes Mal wenn wir telefoniert haben war das eine Lüge? Das ist nicht dein verdammter Ernst.“ Sie war so aufgebracht und ich hörte meinen Vater im Hintergrund klappern. Was hatte ich erwartet was sie sagen würde? Vielleicht hatte ich auch nur gehofft das es gut gehen würde? Doch noch hatte ich die eigentliche Katze nicht aus dem Sack gelassen. Wobei das alleine schon eigentlich gereicht haben musste. “Es ist nicht nur das. Ich habe mich auch im Zirkus verliebt. Ich bin so glücklich hier und mir tut es auch leid das ich euch angelogen habe.“ Ein schwacher Versuch noch irgendetwas zu retten “Ach glücklich also und wieso in drei Teufelsnamen rückst du jetzt mit der Sprache raus? Bist du jetzt wieder unglücklich und willst zurück? Das kannst du vergessen.“ schimpfte sie und das traf mich dann doch schon ziemlich hart. „Nein, ich bin immer noch sehr glücklich. Der Grund wieso ich anrufe ist… Ich bin schwanger und erwarte Zwillinge. Stille. Es war nicht mehr zu hören und das machte mir Angst, da sie die Verbindung noch nicht abgebrochen hatte. Sicherlich war mein Vater auch über Lautsprecher informiert worden. “Bitte ruf nie mehr an. Das du dich nicht schämst. Ich bin zutiefst enttäuscht Sara!“ Dann hörte ich das Tuten in der Leitung und ich war geschockt. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und dann liefen die Tränen über meine Wange. Das Telefon, was noch sehr lange an meiner Wange war, rutschte mir langsam herunter und mein Kopf war leer. Alleine der Gedanke das ich mich nie wieder bei meinen Eltern melden sollte war noch zu hören und mein Blick ging starr aufs Meer.
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Maike Debbler

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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptyDi Jan 23, 2024 6:12 pm

Ich brauchte Bestätigung das Nael mir nicht böse war. Etwas das mir zeigte, dass ich es nicht wieder übertrieben hatte.  Ich wusste selber das Nael damit nicht gut umgehen würde und doch zog er mich zu sich, indem er einen Arm um mich legte. Er vergrub sein Gesicht in meinem Hals und das ganze Beruhigte mich zu mindestens in dem Punkt das er es mir nicht übel nahm. Selbst Keanu wollte sich noch einmal die Mühe macht mich in Schutz zu nehmen und das war sehr lieb von ihm. Nael machte mir Sorgen und er selber schien so verwirrt zu sein.
Das Essen von Sara rührte ich nicht an. Zu schwer würde es in meinem Magen liegen. Nael ging es ähnlich und  dann kam das Gespräch noch weiter ins rollen. Keanu erzählte davon das sie noch in der Gegend sein würde und er die Chance nutzen musste um sie noch einmal zu sehen. Gleichzeitig kam die Gegenfrage und das ließ mich aufhorchen. Würde Nael das wollen? Ich wartete, doch mein Freund bekam mit das Chacka im Anmarsch war und er stand auf und zog mich mit sich. Er meinte zuvor noch das Keanu und er sich morgen früh beim Wohnwagen sehen würden und dann gingen wir und ließen die Beiden zurück. Ich schaute ihnen beide noch kurz nach und war dann ganz bei Nael.

Wer schweigt kann zuhören, doch wenn die Person nicht redet, der man zuhören will, dann ist es leise. Es war gerade sehr leise und ich wollte und konnte diese Stille einfach nicht brechen. Dennoch fühlte es sich immer mehr an wie das Gefühl von Schwindel. Wenn ich am Ring viele Drehungen machte, dann wusste ich mich zu fokussieren. Selbst wenn es nicht einen Punkt gab auf den ich schauen konnte, so wurde mir nicht schwindelig. Das lag an einem Gefühl ganz tief in mir und gerade hatte ich das Gefühl nicht in mir und es drehte sich alles. Zum mindestens meine Gedanken.

Wir schwiegen also bis zum  Tiny House. Dieses war leer und das kam in der letzten Zeit kaum vor. Ich kramte nach meinem Schlüssel und öffnete das Haus. Nael ging ohne das Licht an zu machen und schmiss sich aufs Sofa. Er schrie sich einiges raus und ich setzte mich zu ihm. Das Licht ließ ich aus und wartete bis er sich etwas gefangen hatte. Als er wieder zu sprechen anfingt entschuldigte er sich bei mir. “Du hast den Abend nicht versaut. Für diese Situation kannst du nicht. Schon gut.“ Das war kurz alles was er sagte und ich entschied mich dazu ihm über den Kopf zu streichen. In mir hoffte ich ganz stark das es ihn beruhigte. Einen kurzen Moment glaubte ich das, doch dann schoss er hoch und vergrub sein Gesicht in den Händen. "Ich versteh das Ganze nicht", er klang so verwirrt und verzweifelt. "Ich sollte wütend sein... Ich bin wütend auf sie. Aber sie so in echt wieder zu sehen... Ich- Es- Ich glaube ich habe sie vermisst." Eine kurze Pause kam und dann fragte er noch: "Ist das verrückt?" Ich schüttelte nur den Kopf. “Nein das ist es nicht.“ Eigentlich wollte ich noch viel mehr sagen, doch er machte deutlich, dass er nicht reden wollte und so zog er mich mit sich zum Bett.

Die Nacht war bescheiden und vielleicht war ich vor Nael eingeschlafen, doch weit vor ihm wach. Es kribbelte in meinen Beinen und so stand ich auf. Mein erster Gang war leise ins Bad. Ich musste an Kelly und Jacob vorbei schleichen und erreichte mein Ziel, den Spiegel. Ein Blick hinein und ich erschrak. Gestern hatte ich mich nicht abgeschminkt und auch sonst wurde auf Abendbrot und Badezimmer komplett verzichtet. Ich hatte noch die Steckfrisur von gestern drin und so wusch ich mir erst einmal mein Gesicht und nahm die Nadeln aus dem Haar und kämmte sie mir durch. Es tat weh, doch so konnte ich mir wenigstens einen Zopf machen um laufen zu gehen. Vielleicht konnte ich auch noch die eine oder andere Übung machen um dann zu duschen. Also war ich schnell im Sportdress

Auf dem Tisch schrieb ich einen Zettel für Nael das ich laufen war und das ich ihn liebte. So verließ ich das Haus und fing an zu laufen. Ich geriet in alte Muster und immer wenn meine Gedanken kreisten lief ich schneller. Das war nicht gut und so brach ich meinen Lauf ab und entschied mich das ganze Tempo raus zu nehmen und die Strecke heute einfach nur zu gehen. Ich konnte nicht zulassen das ich mich wieder zu verausgabte und dann zusammenbrach.

Der Abbruch war gut und das Nächste wozu ich mich bewegte war etwas zu essen. Also gab es noch ein Brötchen zum mitnehmen. Ich hatte wirklich Hunger und so war das Snack schnell weg. Ich wusste das Nael bei Keanu war und das beruhigte mich ein wenig. Vielleicht konnte er ihn besser verstehen und vielleicht konnte er mit ihm darüber reden. Ich würde es mir wünschen. Gestern hatte ich mir einfach so viel Sorgen gemacht und doch wollte und durfte ich ihn nicht zu sehr pushen. Er musste etwas erzählen wollen und nicht von mir so lange gefragt werden bis er etwas sagte.


Ich legte meine Wertsachen beiseite und schaute zum Ring. Dieser hing in etwa zweieinhalb Meter Höhe und ich streckten mich gerade nach diesem aus. Die kleine Leiter machte es mir leicht und so übte ich einfach ein bisschen. Er ein paar Streckungen, dann ein paar Wechsel und schließlich wollte ich auch noch eine Drehung üben.  Die Erste ging, doch ein wenig schwummerte es schon bei mir. Ich schüttelte es ab und schob es einfach auf das Gefühl das mir gestern in den Kopf gekommen war. Also musste es nicht so schlimm sein.

Schnell drehte ich mich noch einmal und dann setzte der Schwingel ein. Ich verlor meinen inneren Punkt und konnte mich nicht mehr halten. Ich fiel und landete auf den Rücken in der dünnen Fallmatte. Die Luft wich aus meiner Lunge und ganz kurz tanzten Sterne vor meinem Blickfeld. Das war doch etwas viel gewesen. Seufzend setzte ich mich wieder auf und versuchte herauszufinden ob ich Schmerzen hatte. Leicht spürte ich ein ziehen im ganzen Körper, doch es war nicht zu dem Schmerz den ich hatte beim aufkommen.
Innerlich fluchte ich. Das durfte nicht wahr sein und doch war es passiert. Ich teste langsam ob ich aufstehen konnte und stellte fest das es ganz gut ging. Dennoch wollte ich sicher sein und den ´Zirkusarzt´ aufsuchen.  Er konnte mich wenigstens einmal durchcheckten. Mein Bauchgefühl sagte mir zwar schon das es wirklich nicht so schlimm war, doch ich wollte lieber auf Nummer sicher gehen.

Letzten Endes konnte Antonio auch genau das bestätigen. Er versprach mir das ich morgen unglaublichen Muskelkater und ein paar Innere Blutergüsse haben würde, doch meine Atmung hörte sich gut an und auch beim abtasten schien nichts groß passiert zu sein.[/b]
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Keanu Nakai

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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptyMi Feb 21, 2024 12:18 pm

Nachdem ich Nael erklärte, dass Mum zwar in der Nähe bleiben würde, aber wir ihr gesagt haben, dass sie nicht ohne Einladung zurück zum Zirkus kommen sollen, fragte er mich, ob ich sie treffen werde. Ich überlegte mir kurz, was ich darauf antworten soll. Ich hatte ja schon eine Weile lang nicht mehr ein schlechtes Verhältnis zu ihr. Unsere Kontakte waren jetzt zwar nicht enorm häufig aber doch in einigermassen regelmässigen Abständen. Doch wie würde Nael darauf reagieren, wenn ich sie sehen werde? Dennoch wollte ich ihm die Wahrheit sagen und so nickte ich langsam. Ich wendete meinen Blick zu ihm. Würde er sie auch sehen wollen? Könnte vielleicht das Ganze doch langsam aufgearbeitet werden?

Doch noch ehe ich eine Antwort auf meine ungestellte Frage erhalten konnte, stand er zügig auf, sprach davon, dass wir uns morgen früh bei unserem alten Wohnwagen treffen sollen um ihn für Kelly und Jacob vorzubereiten. Bevor ich antworten konnte, hatte er Maike an der Hand gepackt und die Zwei gingen weg. Erst, als sich Dad vis à vis von uns hinsetzte verstand ich, dass er wohl der Grund für Naels zügigen Abgang war. Nael war momentan nicht nach grossen Gesprächen, was ich ihm nicht verübeln konnte. Auch ich war nicht so sehr in Quassel-Laune wie auch schon... Da war ich froh, dass Sara den Part der Gesprächsführung etwas auf sich nahm. Sie konnte Dad eine überzeugende und nicht direkt gelogene Antwort geben, weshalb die anderen Zwei so schnell aufgebrochen waren. Dad war zufrieden mit der Antwort und so assen wir gemeinsam etwas. Die Gesellschaft war angenehm und ich genoss den Abend trotz der turbulenten Wendung. Als Sara dann sagte, dass sie müde ist, stand ich gemeinsam mit ihr auf. Auch für mich war heute definitiv genug los. Wir verabschiedeten uns von Dad und schlenderten dann gemeinsam zu unserem Tiny House. "Hm... gute Frage... Doch eigentlich geht es mir gut. Ich habe absolut nicht mit Mum gerechnet heute Abend... Und ich fand es auch ziemlich uncool von ihr, so ohne Vorwarnung hineinzuplatzen. Auf die andere Seite verstehe ich sie irgendwie, weil sie sonst keine Möglichkeit mehr sah zu Nael Kontakt aufzubauen... Aber ich denke, ich freue mich darauf, sie die nächsten Tage mal zu sehen. Und ich bin sehr erleichtert, dass Nael das Ganze scheinbar doch einigermassen in ordnung weg gesteckt hat für den Moment. Und wie geht es dir und den Würmchen meine Süsse? habt ihr den intensiven Tag gut überstanden?" ich küsste vorsichtig ihre Hand.

Zuhause machten wir uns schnell bettfertig und schliefen dann kuschelnd ein. Ich schlief überraschend tief, meine Gedanken begannen erst am Morgen wieder zu drehen und so stand ich dann auch bei Zeiten auf, um das Gedankenkarussell etwas zu stoppen. Sara schien aber von meinem Aufstehen ebenfalls geweckt zu werden, sie kam zu mir und küsste mich. "Guten Morgen mein Sonnenschein. Ich habe überraschend gut geschlafen und du? Ich muss aber leider bald los, ich möchte Nael nicht allein beim Wohnwagenräumen lassen." eigentlich wollte ich ihn gerade nach dem Schock gestern momentan generll nicht allein lassen fügte ich nur in Gedanken an "Und ich bin gespannt, ob er mir etwas erzählen mag von gestern. Du pass auf dich auf, nimm es heute etwas ruhiger und gemütlicher, okay?" ich küsste sie liebevoll und verabschiedete mich dann von ihr.

Als ich bei unserem alten Wohnwagen ankam, war Nael noch nicht zu sehen. Ich begann schon mal, indem ich den Wohnwagen aufschloss und war zunächst einmal überfordert mit den vielen Kisten und all dem Gerümpel darin. Ich seufzte leise... Wo sollte man da bloss anfangen. Ich begann damit, die Kisten heraus zu tragen, so dass in der Mitte des Wohnwagens nach und nach ein Weg entstand. Während dem rumtragen der Kisten, dem durchgehen derer Inhalt und dem entscheiden, was wir wegschmeissen konnten und was vielleicht noch nützlich sein konnte, schweiften meine Gedanken wieder zum Abend gestern. Die Situation mit Mum und Nael... Oh man wie würde wohl Mum reagieren, wenn sie erfahren würde, dass sie Oma wird? Ich meine Dad konnte sich insofern darauf vorbereiten, dass er zumindest Sara schon seit 2 Jahren kannte. Mum hatte Sara nie persönlich kennen gelernt, da unser Kontakt mehrheitlich übers Handy stattfand. Und aus Respekt davor, wie Mum reagieren würde, dass ich "schon wieder ein neues Mädchen angeschleppt hatte", habe ich ihr soweit ich mich erinnern konnte, nie so richtig von Sara erzählt.

Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass ich gar nicht richtig mitbekommen habe, wann Nael dazu gekommen ist, doch wir arbeiteten schweigend und effizient gemeinsam vorwärts. Ich sass gerade auf meinem alten Bett und hatte eine Kiste mit Weihnachtsornamenten auf dem Schoss. Was sollten wir mit all diesen Dingern machen? Skeptisch hielt ich einen Weihnachtsstern hoch. Vielleicht konnten wir Dad und unsere Freundinnen fragen, ob sie für irgendwas davon Verwendung hatten. Mir war es ziemlich egal, was für Deko gerade rum hing, weshalb ich wohl nicht die richtige Person war um zu entscheiden, was davon in den Müll kam. Bei mir wäre es wohl alles gewesen. Ich zuckte leicht mit den Schultern und sah dann zu Nael, welcher sich auf eine Kiste neben mich gesetzt hatte und mich ansprach. "Warst du eigentlich je sauer, dass Dad mich mitgenommen hat und nicht dich?" Ich überlegte kurz. "Hm... gute Frage... nein ich glaube nicht. Ich war sauer auf beide, weil sie einfach über unsere Kopfe hinweg entschieden hatten und dass sie uns generell trennten. Aber auf Dad spezifisch, dass er dich mitgenommen hat und nicht mich... Nein ich glaube daran habe ich nie so gedacht." ich schwieg einen Moment und biss mir leicht auf die Lippe "Ich denke, ich bin einfach davon ausgegangen, dass sie uns entsprechend ihrer blöden Logik uns zu trennen, einfach irgendwie aufteilen mussten. Denkst du haben sie sich ihre Lieblinge ausgesucht? Oder denkst du jemand war enttäuscht, dass er den anderen bekommen hat? Warst du je sauer deswegen?" Meine Gedanken begannen etwas zu kreisen. Tatsächlich hatte ich mir diese Frage noch nie so gestellt. Und eigentlich hätte ich wohl auch ganz gut weiterleben können ohne sie mir zu stellen. Wenn sich Nael das aber früher schon so überlegt hatte... Dann konnte ich plötzlich seine Wut und den Hass unserer Mutter gegenüber viel besser verstehen. Hätte ich mich Jahrelang von Dad so abgeschoben gefühlt... Ich weiss nicht wie leicht ich ihm hätte verzeihen können... Ich stellte die Kiste von meinen Knien neben mir aufs Bett und rutschte näher zu Nael.
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Nael Nakai

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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptySa Feb 24, 2024 10:38 pm

Keanu und ich arbeiteten uns schon eine ganze Weile durch die Kisten, notdürftig zusammengeklebten Kartonboxen und alten Einkaufstauschen, als ich mich endlich getraute eine der Fragen auszusprechen, die mir seit dem Aufeinandertreffen mit unserer Mutter durch den Kopf geisterte. "Warst du eigentlich je sauer, dass Dad mich mitgenommen hat und nicht dich?"
Keanu sah beinahe sofort von seiner Arbeit auf und zu mir hinüber, seine Antwort liess jedoch auf sich warten. Ich konnte es ihm nicht übelnehmen. Die Chance stand ganz gut, dass er sich davor noch nie wirklich Gedanken darüber gemacht hatte. Auch ich hatte das Ganze erst vor knapp zwei Jahren so richtig zu hinterfragen begonnen. Im Gefängnis hatte man ja schliesslich mehr als genug Zeit zum Nachdenken.
Schliesslicht rückte Keanu dann aber doch noch mit der Sprache heraus. Und obwohl ich bei seiner Erzählung mitfühlen konnte - die Wut über die Entscheidung, die unsere Eltern einfach über unseren Köpfen hinweg getroffen hatten, kannte ich nur zu gut - war es nicht ganz das, was ich mir erhofft hatte. Realistisch gesehen hätte ich es erwarten sollen. Keanu und ich waren uns in vieler Hinsicht ähnlich, aber eben doch nicht ganz gleich. Es war zudem komplett egoistisch zu hoffen, dass er sich in dieser Zeit genauso ungewollt, abgeschoben und alleine gefühlt hatte wie ich. Und dennoch wäre es eine Erleichterung gewesen, zu wissen, dass es ihm damals gleich ging. Dass das Problem für einmal nicht alleine bei mir lag.

Ich nickte langsam und zog eine blaue Einkaufstüte zu mir heran, entschlossen nicht weiter auf das Thema einzugehen. Keanu dagegen, sprach weiter. Ich war mir nicht einmal sicher, ob er meine Bewegung bemerkt hatte. "Denkst du sie haben sich ihre Lieblinge ausgesucht? Oder denkst du jemand war enttäuscht, dass er den anderen bekommen hat?"
Seine Fragen liessen mich aufhorchen und die Tasche landete zurück auf dem Boden. "Wenn Dad behaupten sollte, dass er nie enttäuscht war mich am Hals zu haben, dann lügt er", knirschte ich zwischen den Zähnen hervor und zog mir meinen Pulli über die unruhigen Finger.
Ich spürte wie Keanu näher zu mir rückte. Ob bewusst oder unbewusst stoppte er jedoch, bevor seine Schulter meine gestreift hätte. Und vielleicht war das auch besser so. Komplett auszurasten, wenn mich Leute unerwartet anfassten, zählte schliesslich auch zu meinen Problemen. Er hatte gefragt, ob ich je sauer deswegen war. Vielleicht ahnte er ja, dass es unter meiner Oberfläche brodelte und blieb deshalb vorsichtshalber auf Abstand. Ich wusste es nicht und hatte auch gerade keinen Kopf, um nachzufragen.
Ja, ich war sauer. Und am liebsten hätte ich ihm das auch so gesagt. Aber gleichzeitig wollte ich unsere Beziehung mit Gefühlen belasten, die offensichtlich nur jemand wie ich haben konnte.
Ich atmete ein paar Mal tief durch, bis ich mich wieder beruhigt hatte. Dann streifte ich meine Schuhe von den Füssen, zog meine Knie an und rutschte auf dem Bett etwas nach hinten, damit ich Keanu anschauen konnte. "Versprich mir, dass du das nicht persönlich nimmst. Das Ganze hat nichts mit dir zu tun und ich war auch nie sauer auf dich."
Keanu sah mich etwas verwirrt an, nickte aber still.
Ich biss mir auf die Unterlippen und versuchte die Erinnerungen, die durch meinen Kopf schwirrten, in eine Reihenfolge zu bringen, die auch für jemand anderen Sinn ergeben würden. "Du weisst wie Dad früher war. Er konnte nie wirklich durchgreifen, hat uns alles durchgehen lassen. Er war mehr der lustige Onkel als ein Elternteil... Zumindest habe ich das immer so wahrgenommen. Mum war die, die dafür gesorgt hat, dass wir vor der Schule etwas im Magen hatten und unsere Zähne putzten, dass wir unsere Sporttaschen nicht vergassen und dass wir ein sauberes zu Hause hatten, dass wir mit unseren Strandschuhen verdrecken konnten.
"Den ganzen Scheidungsprozess über und auch danach hat Dad immer nur vom Zirkus gesprochen. Selbst als wir längst hier waren und er den Zirkus erworben hatte. 'Sein grosser Traum, der endlich in Erfüllung geht.' Wahrscheinlich wusste er einfach nicht, wie er mit mir über das ganze Drama reden sollte... Das konnte ich damals aber nicht sehen. Alles was ich mitbekommen hab, ist das er Mum das Haus überlässt, um sich damit seinen Traum zu erfüllen. Klar, er wollte einen von uns bei seinem grossen Zirkusabenteuer dabeihaben. Aber wer das jetzt ist, schien ihm damals ziemlich egal zu sein...
Für mich war darum es nie so, als ob Dad mich ausgesucht hat. Für mich wirkte es so, dass Mum mich nicht mehr wollte. Sie hatte die Wahl: Einer von uns konnte in unserem Zimmer bleiben, weiter in unsere Schule gehen, nach der Schule unsere Freunde treffen und mit ihnen surfen gehen. Und sie hat sich für dich entschieden."
Ich musste meinen Blick von Keanu abwenden, weil ich mich dafür schämte, was aus meinem Mund kam. Tränen hatten sich in meinen Augen gebildet und ich wischte diese schnell weg. Dennoch zitterte meine Stimme verdächtig, als ich schliesslich noch die letzten Worte herausbrachte, die ich zu dem Thema zu sagen hatte. "Ich weiss, dass es wahrscheinlich gar nicht so war. Dass unsere Eltern wahrscheinlich nächtelang darüber gestritten haben, wer wen haben darf. Ich versuche das schon seit Monaten in meinen dicken Schädel reinzubekommen aber ich krieg’s einfach nicht hin. Ich hasse sie, weil ich mich von ihr abgeschoben und allein gelassen gefühlt habe. Und ich will sie nicht sehen, weil sie Recht hatte. All die Scheisse die ich gebaut hab... Mit dir hat sie offensichtlich die bessere Wahl getroffen."

Ich brauchte einen Moment, bis ich Keanu wieder in die Augen sehen konnte. Was dachte er wohl über mich? Ich hatte ihm gerade durch die Blume gesagt, dass es mir lieber gewesen wäre, wenn Mum mich ausgewählt hätte. Wenn ich in unserem alten Zimmer hätte bleiben, weiterhin in unsere alte Schule hätte gehen und mit unseren alten Freunden hätte surfen können. Wie egoistisch war das denn bitte?
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Keanu Nakai

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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptyMo Feb 26, 2024 8:38 pm

Nael war also der Meinung, dass Dad zumindest mal enttäuscht gewesen war, ihn "an der Backe zu haben", wie er das bezeichnete. Ich rückte etwas näher zu Nael, stoppte dann aber wieder. Etwas in mir sagte mir, dass es nun wohl gerade nicht optimal war, ihm zu nahe auf die Pelle zu rücken. Und es schien so, als kochte er gerade ziemlich, obwohl nach aussen kaum etwas davon zu sehen war. Er atmete tief durch, rutschte auf dem Bett etwas zurück. Es war also wirklich gut, dass ich ihm nicht zu nahe gekommen war. Sein Blick ruhte auf mir und er wollte von mir ein Versprechen, dass ich das Ganze nicht persönlich nehmen würde. Ich war verwirrt. Was sollte ich nicht persönlich nehmen? Was konnte er mir jetzt sagen, dass ich persönlich hätte nehmen können? dennoch nickte ich und wartete gespannt auf Naels Ausführungen.

Ich hörte Nael zu und spürte, wie mir langsam aber unaufhaltsam die Tränen in die Augen stiegen. Auch Naels Stimme begann zu Zittern, auch er wischte sich die Tränen möglichst unauffällig weg. Ich versuchte, meinen Atem ruhig zu behalten, doch es fiel mir schwer. Ich fühlte mich in diesem Moment so unglaublich Egoistisch. Mir war damals bewusst, dass das Leben mit Dad bestimmt ganz anders wäre als mit Mum. Doch all die Punkte, die Nael aufgezählt hatte... ich hatte schlichtweg nicht daran gedacht. War es einem Kind oder einem Jugendlichen in dem Alter zu verübeln, dass er nicht so weit dachte? ich wusste es nicht. Aber ich fühlte mich, als hätte ich zumindest zu einem späteren Zeitpunkt mehr darüber nachdenken müssen. Natürlich hatte sich für mich vieles geändert mit der Trennung unserer Eltern. Vor allem, als dann Mums neuer Freund zu uns zog... Doch für Nael war komplett alles anders. Ich hatte es mir früher sogar etwas einfacher vorgestellt, schliesslich konnte er an einen neuen Ort gehen. Nicht dieselbe Schule in der wir bereits so viele gemeinsame Erlebnisse hatten und in der man an jeder Ecke an den fehlenden Teil seiner selbst erinnert wurde. Nicht den gleichen Freundeskreis, der immer wieder fragt, wo der Zwillingsbruder ist und wie es ihm geht. Fragen auf die ich kaum antworten konnte, weil es uns so schwer gemacht wurde Kontakt aufrecht zu halten. Aber jetzt von ihm zu hören, was scheinbar all die Jahre seine Gedanken dazu waren... Dass diese "Vorteile" eben doch keine waren. Und dass ich das, was er sich so sehr gewünscht hatte fast als selbstverständlich angeschaut hatte...

Ich konnte nur noch Naels Umrisse erkennen, so stark war meine Sicht bereits durch die aufsteigenden Tränen getrübt. Zweimal musste ich mich räuspern, ehe ich ein Wort von mir geben konnte. "Nael... Wer weiss, was ich für Mist gemacht hätte, wenn es anders herum gewesen wäre. Es tut mir so leid... ich habe mir das noch nie überlegt. Nicht aus dieser Sicht. Ich dachte früher, dass es vielleicht sogar einfacher wäre, wenn man nicht so viele Dinge um sich hat, die einen immer an das erinnern, was einem weggerissen wurde. Und später habe ich es mir nie aktiv überlegt. Aber jetzt, wo du es sagst. Ich kann mir kaum vorstellen, wie brutal es sein muss, wenn alles neu ist und man mit jemandem allein ist bei dem man nicht so recht weiss wie fest man auf ihn zählen kann und mit dem man über nichts sprechen kann." Mum war zwar in dieser Zeit auch sehr chaotisch, vieles klappte nicht mehr so wie früher und über das Ganze sprechen war auch nicht wirklich möglich. Aber das machte die Situation damals für Nael nicht weniger schlimm. "Ernsthaft, ich fühle mich gerade so unglaublich egoistisch und selbstsüchtig. Ich wusste nie, wie wichtig dir das gewesen wäre... das was ich zu jener Zeit als quasi selbstverständlich und eventuell teilweise sogar als Bürde angeschaut hatte." Ich liess meinen Blick kurz in der Dach-Ecke des Wohnwagens ruhen.

"Und nur um dich zu beruhigen, glaub mir wenn du davon ausgehen würdest, dass Mum mich ausgewählt hat - was ich mir aber echt nicht vorstellen kann-  dann war ich auch ziemlich gut darin, sie zu enttäuschen. Ich war auch nicht gerade ein einfaches Kind glaube ich, zumindest nach der ganzen Geschichte. Dann hätte sie uns beide abschieben müssen. Also sie hätte damit nicht recht gehabt. Und vielleicht wäre die "bessere Wahl" sowieso der gewesen, der bei ihr im einigermassen geregelten Alltag hätte bleiben können. Also weisst du... ich weiss, dass du gesagt hast ich soll es nicht persönlich nehmen und dass du nie sauer auf mich warst. Ich weiss ich war nicht derjenige, der es entschieden hat. Aber ich fühle mich mies, weil ich mir nie überlegt hatte, wie du diese Dinge sehen könntest." ich rieb mir mit dem Handrücken über die Augen und blickte zu Nael. Ich atmete tief durch und merkte, wie ich langsam wieder etwas ruhiger wurde.
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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptySo März 10, 2024 12:40 pm

Ich war noch nie gut mit Worten. Egal was ich sagen wollte, das was schliesslich über meine Lippen kam widerspiegelte nie genau das, was ich eigentlich fühlte. Keanu war mir in dieser Sache schon immer weit überlegen gewesen. Er war charismatisch, wusste genau wann er welches Wort wie einsetzen musste, damit ihn die Leute mochten. Soweit ich mich zurück erinnern konnte, war es immer er gewesen, der für uns beide gesprochen hatte. Sogar unseren Eltern gegenüber, war es in der Regel er, der erklärte was 'Nael und ich' wollten oder angestellt hatten, während ich einfach still daneben stand und ab und zu nickte.
Als wir eingeschult wurden, musste ich ziemlich schnell einen Teil meiner Abneigung überwinden und lernen, auch selbst für mich zu sprechen. Überraschenderweise klappte das sogar ziemlich gut – zumindest solange es um irgendetwas anderes als um mich selbst ging. Bei diesem Thema konnte ich nie die richtigen Worte finden. Daran hatte sich auch Jahre später nicht viel geändert und als Keanu dann plötzlich fast 1'000 Kilometer entfernt an einer anderen Küste war, war es einfacher das Thema einfach komplett tot zu schweigen. Dad fiel es auch einfacher, beim Abendessen über seine Pläne mit dem Zirkus zu sprechen als seinen dreizehnjährigen Sohn zu fragen, ob er seinen Bruder und seine alte Heimat vermisste. Wenn ich jetzt darüber nachdachte, hatte er es mir vielleicht fast ein wenig zu einfach gemacht. Aber verübeln konnte ich es ihm nicht. Ihm war es schliesslich nicht gross anders gegangen. In dieser Hinsicht waren wir zwei uns ähnlich.
Die letzten Jahre — Maike, die Therapie während dem Entzug, Keanu wieder bei mir zu haben — hatten mich auf dem einen oder anderen Weg immer wieder dazu gezwungen über Dinge zu sprechen, die ich lieber nicht nach Draussen tragen wollte. Wahrscheinlich sollte ich stolz darauf sein, dass ich mich getraut hatte, das Thema dieses Mal komplett von mir aus anzusprechen. Und dennoch fühlte ich mich als ob ich mich gleich übergeben könnte. Alles von dem, was ich gesagt hatte, war war. Und dennoch klang jedes einzelne Wort falsch. Komplett egoistisch, eifersüchtig auf meinen Bruder. Als ob ich denken würde, er hätte es viel einfacher gehabt.

Ich schluckte den Kloss in meinem Hals herunter und sah vorsichtig zu Keanu hinüber, innerlich darauf vorbereitet, Wut oder Hass auf seinem Gesicht zu sehen. Die Tränen auf seinen Wangen warfen mich komplett aus der Bahn. Ohne gross nachzudenken rutschte ich zu ihm hinüber und schloss die Distanz zwischen uns in dem ich meine Arme um seinen Oberkörper legte und ihn in eine feste Umarmung zog. Keanus Kinn kam auf meiner Schulter zu liegen und er räusperte sich zwei Mal bevor er zu sprechen begann. Seine Stimme war leise, leicht zittrig, aber da er nun so nahe bei meinem Ohr war, verstand ich jedes Wort problemlos.
Er hatte gar nie darüber nachgedacht, wie das Ganze aus meiner Sicht gewesen war. Und jetzt wo ich ihm erzählte, wie es für mich gewesen war, fühlte er sich egoistisch und selbstsüchtig, weil er das, was ich mir gewünscht hatte, als selbstverständlich oder sogar als Bürde angeschaut hatte. Ich schloss meine Augen und biss mir auf die Unterlippe. Genau deswegen zog ich in der Regel Taten Worten vor. Worte konnte man falsch verstehen. Ich hatte nie gewollt, dass sich Keanu jetzt meinetwegen schlecht fühlte.
Einen Moment lang war er still, dann erzählte er, dass auch er nicht gerade ein einfaches Kind war, nach der ganzen Geschichte. Dass sie uns beide hätte abschieben müssen. Er hatte Recht und Unrecht damit. Sie hätte einfach niemanden abschieben müssen. Keanu und mich zusammen zu lassen, wäre die richtige Entscheidung gewesen. Ich brauchte das nicht auszusprechen um zu wissen, dass er genauso dachte.
Keanu begann sich in meinen Armen zu regen und ich liess ihn los, beobachtete wie er mit dem Handrücken über seine Augen strich während er nochmals sagte, wie mies er sich fühlte, weil er sich nie überlegt hatte, wie ich die Dinge sehen könnte. Sein Atem war jetzt ruhiger, doch ich konnte ihm ansehen, dass ihn das Ganze ziemlich aufgewühlt hatte.

Ich blickte auf meine Hände hinunter und erlöste meine Unterlippe von meinen Zähnen. Ein leicht rostiger Geschmack machte sich in meinem Mund breit, offenbar musste ich die Haut verletzt haben. "Tut mir leid, ich wollte nicht, dass du dich deswegen mies fühlst. Mum gestern zu sehen hat mich einfach komplett aus dem Konzept geworfen. Keine Ahnung, sie so zu sehen... Mir ist halt irgendwie bewusst geworden, wie viel Zeit vergangen ist." Ich atmete einmal tief durch und sah dann wieder direkt zu Keanu hinüber. "Du konntest ihnen vergeben. Dad und du habt wieder eine richtig gute Beziehung und mit Mum hast du auch Kontakt. Ich will das nicht versauen, gerade jetzt wo Sarah schwanger ist. Deine Kinder sollen ihre Grossmutter auch kennen können, sofern du das möchtest... Ich will den ganzen Scheiss auch endlich hinter mir lassen. Aber ich hab keine Ahnung, wie ich das machen soll. Nicht bei ihr." Hilf mir. Aussprechen konnte ich es nicht, doch Keanu würde verstehen.
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Maike Debbler

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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptySo März 10, 2024 6:23 pm

Nach dem Besuch beim Arzt ging ich den sportlichen Aktivitäten erst einmal aus dem Weg. Meine Muskeln meldeten sich und die riefen einfach nach Ruhe. Das konnten sie haben, wenn auch am Schreibtisch des Zirkusbüros. Gerade bei den Spenden musste man sich hinter klemmen. Ich ging also zu Henry. Er war an der Kasse tätig und konnte mir die Liste der Menschen und Firmen sagen, die gekommen waren. Henry war der Typ der immer gute Laune hatte. Genau das konnte wirklich jeder gebrauchen. „Da kommt ja das Ausnahmetalten Maike. Wie geht es dem neuen Star?“ Er war die Sorte Mensch die einen schnell und kurz an sich zog um eine Umarmung auszutauschen und keiner fragte sich ob das gerade wirklich Not getan hat. Naja bis aus Nael vielleicht und der war doch was Berührungen und Fremde anging nicht gerade sehr offen. “ Na du Menschenliebling? Durch dich verkaufen wir gleich doppelt so viele Karten. Wie sieht es mit der Lister der möglichen Sponsoren aus? Sind da einige gekommen?“ Es war eine wichtige, wen auch wirklich unangenehme Aufgabe. Henry kramte in seine Tasche und reichte mir einen ziemlich zerknüllten Zettel. Mich sollte es wundern, doch er strich ihn mehr schlecht als recht glatt und reichte ihn mir „Tatsächlich sind gut welche gekommen. Die Einladungen haben wirklich gute Resonanzen gebracht. Hoffentlich spenden sie auch gut.“ Ich nickte zu wünschen war es wirklich. “Das hoffe ich auch. Ein paar wichtige Anschaffungen hatte Keanu noch auf seiner Liste und die mal eben so würden wirklich unangenehm werden. Ich klemme mich da gleich direkt mal hinter.“ Henry verabschiedete sich noch schnell bei mir und ich ging direkt ins Büro.

Die nächste Stunde war ich damit beschäftigt mit vielen Firmen zu telefoniere und das E-Mail Postfach war auch gut mit Nachrichten gefüllt. Unterm Strich hatten wir eine gute Summe von 20.000 Euro zusammen und das machte mich wirklich stolz. Gut gelaunt stellte ich den Computer für heute aus. Ein Blick aufs Handy zeigte mir keine Nachricht von Nael und deshalb beschloss ich alleine zum Strand runter zu gehen. Nun lebte ich eine ganze Zeit schon hier und nur selten war ich am Wasser. Leider war es noch zu kalt um zu schwimmen, doch ich wusste das der Sommertemperaturen noch kommen würden und dann gäbe es für mich keinen Halt mehr. Ich würde mir das Surfen auf alle Fälle beibringen wollen. Ich wusste das Nael auch surfen konnte, doch das Gefühl das uns kaum Zeit zusammen vergönnt war, war immer da. Nicht das er daran alleine schuld wäre. Ich selber bin immer ein Mensch der sehr engagiert ist. Der Zirkus ist mein Leben und ich liebe diese Arbeit wirklich unglaublich. Dennoch war es etwas anderes nach der Edac hier im Zirkus zu Arbeiten. Die Verantwortung ist größer geworden. Wir waren gewachsen und Keanu würde Vater werden. Der Kerl der an der Edac wild um sich geflirtet hatte wurde nun sesshaft und Nael hatte so viele Hürden in seinem Leben überwunden das man sich wirklich fragte was ihn jetzt noch aufhalten sollte und doch gab es immer irgendetwas das einen aus der Bahn bringen konnte. Die Geschichte der Trennung der Zwillinge war eine ziemlich tiefe Narbe und keine wusste ob diese heilen konnte. Ich selber fühlte mich in diesem Teil machtlos und ich glaubte auch nicht das ich das Recht hatte da meinen Senf beizugeben.

So in Gedanken waren meine Schritte dann doch ans Meer gefunden. Die Luft veränderte sich direkt und auch die Leute hier waren etwas entspannter. Ich atmete die Meeresluft tief ein und versuchte ein bisschen runter zu kommen. Das letzte Mal am Strand hatten wir Jacob und Kelly hier getroffen und auch dieses Mal sprang mir jemand trauriges ins Gesicht. Irgendwie hatte ich für so etwas ein Auge. Doch das ich diese Person auch noch kannte war nicht gut. Sara saß auf einer Bank und hatte die Füße aufgestellt und vergrub an diesen ihre Augen. Ich konnte sie Schluchzen hören und ohne groß zu zögern lief ich auf die zu. “Sara, oh Gott was ist mir dir? Ist was mit den Babys?“ Ich berührte ihre Schulter und sie schaute zu mir auf. Sie musste schon etwas länger hier geweint haben und mir wurde kurz schlecht vor Sorge. Doch sie schüttelte den Kopf. “Nein den Babys geht es gut.“ Dann weinte sie direkt weiter und vergrub das Gesicht. Ich zögerte nicht lange und wählte Keanus Nummer. Doch da bekam ich keinen an die Leitung und auch als ich bei Nael wählte bekam ich keine Antwort. Schließlich schrieb ich Keanu noch einmal eine Nachricht. –Hey, Sara geht es nicht gut. Sie ist total aufgelöst am Strand. Ich weiß nicht was los ist. Den Babys geht es soweit gut wie sie sagt, aber sonst weiß ich nichts. Ich bleibe bei ihr. Komm dennoch am besten so schnell wie es geht. ~Maike-

Mir blieb also nichts anderes übrig als mich zu ihr zu setzen und meinen Arm um sie zu legen und einfach da zu sein. Schließlich fing ich einfach an zu sprechen. “ Es wird alles wieder gut werden. Keanu kommt sicher gleich und wenn du es mir erzählen magst höre ich dir gut zu. Ich bin immer für dich da. Ich meine schließlich müssen wir bei den Nakai Brüdern doch gut zusammenhalten sonst sind sie immer in der Überzahl. Sie sagte nichts, doch sie lehnte sich etwas dichter an mich ran. Ich ließ es zu und selbst wenn sich meine Muskeln dagegen etwas wehrten wusste ich, dass sie das gerade brauchte. Mehr konnte ich für sie nicht tun.
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Keanu Nakai

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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptySo März 24, 2024 1:08 pm

Nael rückte etwas von mir weg. Er entschuldigte sich. Dabei hatte er gar keinen Grund sich zu entschuldigen. "Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich finde es echt stark von dir, dass du das Ganze angesprochen hast. Und ich finde es gut. Es ist immer eine gute Entwicklung, sich in die Situation eines anderen besser hineinfühlen zu können." Er fuhr fort und erklärte, wie sehr in das kurze Treffen mit Mum aus der Fassung gebracht hatte. Ich verstand es. Das Sehen von etwas, oder besser gesagt jemanden, den er so lange so gut es ging aus seinem Leben verdrängt hatte konnte bestimmt sehr verwirrend sein und plötzlich vieles verändern. Als er leiser weitersprach "Ich will den ganzen Scheiss auch endlich hinter mir lassen. Aber ich hab keine Ahnung, wie ich das machen soll. Nicht bei ihr." bat er nicht direkt um Hilfe. Doch ich hörte den leicht bittenden Unterton in seiner Stimme, sah es in seinen Augen. Ich nickte leicht. Nun war es an mir, etwas näher zu Nael zu rücken. Ich wollte ihm zeigen, dass ich für ihn da war. Ich wusste noch nicht so genau, wie dieses Unterfangen am besten anzugehen wäre, aber das würden wir schon rausfinden... "Wenn du möchtest könnten wir zwei zusammen ein kurzes Treffen mit ihr abmachen? Oder vielleicht lieber zuerst ein Telefongespräch, damit du ihr nicht direkt ganz so nah bist und sie sehen musst? Egal wofür du dich entscheidest, ich werde gerne an deiner Seite sein und dich unterstützen, wenn du das möchtest." Ich wollte Nael zu nichts drängen. Aber natürlich freute ich mich sehr über seine Aussage, dass er das Ganze irgendwie hinter sich lassen wollte. Im Anbetracht dessen, was er mir heute Morgen schon alles anvertraut hatte verstand ich, dass dies ein deutlich längerer Prozess sein wird. Aber es war toll, wenn wir auch nur einen kleinen Schritt machen konnten, denn es wird ein Anfang sein.

Während den Aufräumarbeiten war wohl früher oder später mein Handy aus der Hosentasche gerutscht. Als ich nach dem Gespräch mit Nael aufstand merkte ich, dass es nicht in meiner Hosentasche war. "Nael, hast du irgendwo mein Handy gesehen?" normalerweise war ich nicht so auf mein Handy fixiert, aber seit Sara schwanger war, versuchte ich so gut es geht immer erreichbar zu sein. Nael zuckte mit den Schultern, er hatte mein Handy wohl auch nicht gesehen. Ich unterbrach also das Aufräumen erneut und machte mich zunächst auf die Suche nach meinem Handy. Tatsächlich lag es draussen neben einer Kartonschachtel mit Jongliermaterialien aus früheren Nummern. Ich bückte mich und nahm das Handy locker in die Hand. Als ich jedoch sah, dass ich einen Anruf in Abwesenheit und gleich darauf eine Nachricht bekommen hatte, spürte ich, wie sich alles in mir anspannte. Der Anruf und die Nachricht waren nicht von Sara aber mein Bauchgefühl ging dennoch sofort dazu, dass eventuell etwas mit Sara los war. Mit leicht zittrigen Fingern öffnete ich Maikes Nachricht. Beim Lesen sackte mein Herz etwas tiefer, auch wenn eine Erleichterung in mir aufstieg, dass nichts mit den Babys war. Dennoch schien es Sara nicht gut zu gehen. Ich musste sofort zu ihr. "Nael?" rief ich meinen Bruder zu mir. "Maike hat versucht mich zu erreichen. Sie ist mit Sara am Strand, Sara geht es irgendwie nicht gut. Ich muss dort hin, kommst du mit?" noch ehe ich die Frage fertig gestellt hatte, machte ich schon auf dem Absatz kehrt und begann in Richtung Strand zu rennen.

Ich warf keinen einzigen Blick zurück. Ich hätte auch nicht sagen können, ob ich an jemandem vorbei gelaufen war, mein Blick war verengt, ich wollte nur so schnell wie möglich bei Sara sein. Am Strand angekommen war der erste Moment in welchem ich meine Schritte verlangsamte. Ich drehte mich um meine eigene Achse. In welcher Richtung waren sie wohl? Nach rechts oder nach links. Noch ehe ich mich bewusst entscheiden konnte, drehte ich mich nach links. In diese Richtung war die Stelle, an der wir  unsere Lagerfeuer machten und so hoffte ich, dass die Beiden in die Richtung gegangen waren, die sie wohl etwas besser kannten. Ich lief weiter. Mein Bauchgefühl sollte recht behalten, hinter einer kleinen Düne auf einer Bank sassen die Beiden nahe beieinander. Ich legte einen Endspurt hin, welcher aber eher einem herunterrutschten glich, bremste aber früh genug ab, um nicht über den Sand in die beiden hinein zu rutschen und sie nicht zu erschrecken. Erst jetzt merkte ich, wie mich der Sprint ausser Atem versetzt hatte. "Was..." begann ich, doch die Luft reichte nicht aus, um meine Frage zu beenden. Stattdessen setzte ich mich auf die zweite Seite von Sara und legte meine Arme fest um sie. Angestrengt versuchte ich, meine Atmung ruhig zu halten. Ich spürte, wie Tränen über Saras Gesicht kullerten. Ich hielt sie einfach fest an mich gedrückt. Als sich meine Atmung wieder einigermassen beruhigt hatte und ich Sara eine Weile lang festhielt, drehte ich mein Gesicht zu ihr und flüsterte in ihre Haare "Was ist denn los mein Liebling? Was ist passiert?"
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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptyMo März 25, 2024 9:39 pm

Auf Keanu war verlass. Er hatte mich schon immer ohne grosse Worte verstanden. Vielleicht war das so ein Zwillings-Ding. Oder auch einfach ein Nael-und-Keanu-Ding. Egal was es war, ich war richtig froh drum.
"Wenn du möchtest könnten wir zwei zusammen ein kurzes Treffen mit ihr abmachen? Oder vielleicht lieber zuerst ein Telefongespräch, damit du ihr nicht direkt ganz so nah bist und sie sehen musst? Egal wofür du dich entscheidest, ich werde gerne an deiner Seite sein und dich unterstützen, wenn du das möchtest."
Irgendetwas zog sich in meinem Inneren sofort zusammen und machte sich ganz klein, als Keanu ein Treffen ansprach. Das hatte ich mir jetzt selbst eingebrockt. Aber eigentlich wollte ich es ja auch... irgendwie. "Danke", erwiderte ich und umarmte meinen Bruder kurz. Es war nicht ganz einfach, so im Sitzen auf dem Bett, aber irgendwie kriegten wir es hin. "Du wolltest sie ja sowieso treffen, jetzt wo sie schon hier ist... Würde es dir etweas ausmachen, wenn ich mitkomme?", schlug ich immer noch etwas zögerlich vor vor, als wir uns wieder voneinander gelöst hatten. "Ich glaube es wäre einfacher für mich, wenn sich das Ganze mehr um dich dreht... Zumindest am Anfang."
Eine zynische Stimme in meinem Kopf musste schon fast etwas über mich lachen. Wir sprachen hier gerade davon, unsere Mutter zu treffen. Es hätte aber genauso gut die Queen oder unser grösstes Idol sein können, so wie ich mich drum herum druckste.
Trotz all dem schien Keanu meinen Vorschlag gar nicht mal so schlecht zu finden. Zumindestens vermutete ich das, weil er nickte und dann plötzlich nach seinem Handy zu suchen begann. Wollte er sie etwa direkt jetzt anrufen?!
"Ähm, k-kein Ahnung", stotterte ich und raffte mich ebenfalls vom Bett auf. "Ich helf dir suchen."

Ich begann damit hinter und unter dem Bett zu suchen, bevor ich die Kiste, an der Keanu zuletzt gearbeitet hatte, auf die Bettdecke ausleerte. Mein Herz klopfte immer noch ziemlich stark und meine Hände zitterten ein wenig. Würde Keanu wirklich direkt unsere Mutter anrufen, wenn er sein Handy wieder hatte? Würde ich es ihm geben wollen, falls ich es fand?
Seufzend packte ich die Kiste wieder ein und griff gerade zur nächsten, als Keanu von Draussen meinen Namen rief. Die Gedanken an unsere Mutter und ein Treffen mit ihr waren sofort weggewischt. Stattdessen schrillten in meinem Kopf alle Alarmglocken. Keanu klang gar nicht gut.
Ich schob die Kiste zurück auf den Boden und war mit zwei Schritten bei der Tür. Meine Befürchtung, dass etwas nicht stimmte, wurde durch die steife Haltung meines Bruders und seine besorgten Gesichtszüge nur bestärkt. Er blickte von seinem Handy auf und teilte mir dann in gehastetem Ton mit, dass Maike angerufen hatte. Sie war mit Sarah am Strand und offenbar ging es Sarah nicht gut. Keanu endete mit der Frage, ob ich mitkommen würde, war jedoch selbst schon losgerannt bevor ich die Frage überhaupt richtig verarbeitet hatte. Natürlich würde ich mitgehen, nur mit meinem Bruder konnte ich in diesem Moment wirklich nicht mithalten. Er war fünfzig Meter vor mir bevor ich überhaupt den Wohnwagen hinter uns abgeschlossen hatte.

So kam ich erst nach Keanu am Strand an. Nur wenige Minuten, aber es war offensichtlich, dass ich etwas verpasst hatte. Auf jeden Fall sassen Keanu und Maike links und rechts von einer ziemlich aufgelösten Sarah auf einer Bank hinter den Dünen als ich sie erreichte. Keanu war von mir abgedreht und Sarah zugewandt. An der Art und Weise wie er seinen Arm um sie gelegt hatte und sie mit seinem Körper von der Aussenwelt abschirmte, konnte ich ablesen, dass er mindestens genauso ein mulmiges Gefühl haben musste wie ich. Oder er wusste inzwischen sogar, was los war. Und was auch immer das war, es hatte in ihm das Bedürfnis ausgelöst, seine Freundin zu beschützen.
Einen Moment lang blieb mein Blick an den Beiden hängen. Erst, als sich in meinem Augenwinkel etwas bewegte und Maike auf mich zukam, konnte ich meine Augen von ihnen lösen und meinen Engel fokussieren. "Was ist los? Ist mit den Babys alles in Ordnung?", flüsterte ich ihr zu, als sie mich erreichte und verschränkte instinktiv meine Finger mit ihren. Irgendwann würde ich ihr erzählen, was Keanu und ich heute morgen besprochen hatten. Aber gerade war der Fokus ganz auf Keanu und Sarah.
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Maike Debbler

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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptyDi März 26, 2024 6:37 pm

Ich wartete mit Sara auf der Bank am Meer. Die Wellen rauschten nur so hin und her. Einige Leute surften, Andere trauten sich ins kalte Wasser. Wir sprachen nicht weiter miteinander und das mussten wir auch nicht. Irgendwann würde Keanu kommen und ihm würde sie sich sicherlich anvertrauen. Ich war da. Egal ob Sara, Keanu oder Nael etwas loswerden wollten, ich würde ihnen zuhören. Selbst wenn es für mich manchmal auch warten hieß. So ganz hatten Nael und ich die Sache von gestern noch nicht beredet, doch irgendwie sagte mein Bauchgefühl mir das er darüber jetzt nicht mehr reden wollte. Schon oft hatte ich ihn zwingen wollen etwas zu tun was er nicht wollte. Bei unserem letzten Streit hatte er deutlich gemacht, dass das Thema Mutter ein Punkt war wo ich mich raushalten sollte. Das es nun soweit gekommen ist das ich sie in den Zirkus eingeladen hatte war blöd gelaufen. Es würde schon alles gut werden und er und Keanu saßen im selben Boot.

Es dauerte noch einige Zeit und Sara wurde ruhiger. Nicht das sie nicht immer mal wieder ein Schluchzen von sich gab, doch die Tränen liefen nicht wie vorher ihre Wangen hinab. Schwerer Atem ließ meinen Kopf von Sara lenken und in einen total ausgepowerten Keanu blicken. Er war so schnell gelaufen als er die Nachricht von mir gelesen hatte, das er nun kaum ein Wort rausbringen konnte. Er nahm die andere Seite der Bank ein und zog seine Freundin an sich. Diese konnte nicht anders und fing wieder an zu weinen. Dieses Mal waren es vielleicht gute Tränen. Keanu vertraute sie und ich konnte mich langsam zurückziehen. Mit leichtem Schmerz richtete ich mich auf. Muskelkater lässt grüßen. Zudem sah ich noch eine Person die zum Strand gelaufen war.

Im Vergleich zu gestern Abend, das war der Moment indem ich ihn das letzte Mal wach gesehen hatte, wirkte er in einer besseren Verfassung. Das Gespräch mit Keanu hatte ihm sicherlich geholfen. Keanu und Sara brauchten Zeit für sich und ich wollte sie ihnen nur zu gerne geben. Nael saß noch immer zu dem Beiden und in seinem Gesicht konnte ich Sorge lesen. Sorge das Sara etwas schlimmes passiert war und auch die Sorge um seinen Bruder. Sicherlich wusste er nicht was für ein großes Herz er hatte. Kaum war ich bei ihm nahm er meine Hand in seine. Sie war angenehm warm und es durchströmte mich einfach nur Liebe. Wie sehr konnte man einen einzelnen Menschen lieben? Vielleicht manchmal auch so sehr das es schmerzte.

"Was ist los? Ist mit den Babys alles in Ordnung?" , flüsterte er und das ließ mich aus meinen Gedanken kommen. Genauso leise meinte ich:“Sara meinte das es ihnen gut geht. Mehr habe ich nicht herausbekommen. Ich hoffe sie erzählt Keanu was los ist.“ Mit dem Kinn deutete ich Richtung Zirkus. “Lassen wir ihnen einen Moment. Später kannst du sicher Keanu fragen ob alles okay ist.“ Er musste es am besten wissen wie es war nicht mit jeden über seine Trauer und Probleme zu reden. Sara hatte mir deutlich gemacht das sie froh war mich bei sich zu haben, doch anvertrauen konnte sie sich nicht. Das war okay für mich umso mehr hoffte ich auf Keanu.

Ich wollte nur noch eine warme Dusche nehmen, doch ich fragte mich wie weit die Beiden wohl mit den Wohnwagen gekommen waren. Nun hatte ich sie unterbrochen und sicherlich gab es kaum Fortschritte. Es war für Nael und mich auch wichtig das unsere Gäste ihr eigenes Reich bekommen würden. “Wie sieht es eigentlich mit dem Wohnwagen aus? Kann ich helfen? Im Büro bin ich fertig und Training setzte ich heute aus. So bekommen wir den schnell für die beiden fertig.“
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Sara Visconti

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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptyDi März 26, 2024 6:47 pm

Die Tränen wollten nicht stoppen und immer wieder hörte ich die Worte meiner Mutter in meinen Ohren klingeln. [i]-Schämst du dich nicht?- ~-Ich bin zutiefst enttäuscht- ~ -RUF NICHT MEHR AN-[/b] Es rauschte in meinen Ohren und mir wurde zudem wieder schlecht. Das hatte ich verdient und noch so viel mehr. Wie sollte ich nur eine gute Mutter sein? Ich war nur eine Lügnerin und zu mehr war ich nicht in der Lage. Selbst Keanu hatte ich belogen und nun hatte ich meine Würmchen in mir und er wusste nichts über mich. Das konnte er mir sicherlich genauso wenig verzeihen wie meine Eltern mir.

Ich war wie in einem Tornado gefangen. Es wirbelte mich immer mehr durch und ich bekam meine Gefühle einfach nicht mehr wirklich in den Griff. Erst eine Berührung an der Schulter und Maikes Stimme brachen mich aus meinem Chaos. Sie war voller Sorge und das erste an das sie dache waren die Babys. Schnell machte ich deutlich das es den Würmchen gut ging. Mit ihr drüber reden konnte ich jedoch einfach nicht. Sie zog ihr Handy und wählte sich zwei Mal durch, doch sie konnte niemanden erreichen. Danach tippe sie und setzte sich zu mir. Sie redete mir gut zu und ich nahm es dankend auf. Es schien ihr nichts auszumachen das ich nicht drüber reden wollte und deshalb legte ich nur den Kopf bei ihr ab.

Meine Tränen verstrichen nun wieder und ich konnte mich etwas beruhigen, doch nur so lange bis Keanu plötzlich angelaufen kam. Ich wusste das ich es auch ihm sagen musste. Nun war der Moment gekommen wo ich alles preis geben musste. Das was in meinem Bauch gerade am wachsen war, brauchte einen guten Grund der aus Offenheit bestand. Maike ließ uns alleine und ich war ihr so unglaublich dankbar für alles. Als Keanu genug Luft geholt hatte waren bereits ein paar Tränen wieder verstrichen und ich hatte mich soweit etwas gefasst. Er schirmte uns ab und es war ganz gut so. “Ich muss dir etwas sagen. Bitte höre mir erst bis zum Schluss zu bevor du etwas sagst ja?“, ich hätte auf eine Antwort warten können, doch dann war ich mir nicht sicher ob ich nicht doch meinen Mut verlieren könnte. “Ich war nicht ehrlich mit sehr vielen Menschen in meinem Leben.  Zu meinen Eltern und auch zu dir nicht und ich weiß nicht wieso heute der Tag gekommen ist an dem ich euch allen die Wahrheit sagen möchte, denn es hätte viel früher passieren müssen. Ich fange am besten  ganz am Anfang an. Meine Eltern sind Unternehmer mit viel Geld und wenig Zeit. Ihre Jobs standen immer an erste Stelle und mein Bruder und ich besuchten immer die Ganztagsschule bis Fünf. Danach hatte ich noch einige Hobbys die ich besuchen sollte. Turnen war jedoch das Einzige was sich bei mir durchsetzen konnte. Wir schafften es als Familie höchsten zu dem Abendessen zusammen zu sitzen. Danach musste entweder meine Mutter oder mein Vater arbeiten. Der jeweils Andere beschwerte sich dann immer das ihr Partner nie Zeit füreinander hatte. Als Kind empfand ich das schon schrecklich. Meine Freundinnen hatten immer tolle Familien und auch die Urlaube und keinen Aktivitäten hatten mich immer eifersüchtig werden lassen. Mit 13 habe ich meine Mutter bei der Arbeit besuchen wollen. In der Schule waren Stunden ausgefallen und mein Vater war auf Geschäftsreise und da war klar das ich nur zu ihr konnte. Das Haus war schließlich leer und alleine sein wollte ich nicht. Kaum hatte ich die Tür geöffnet habe ich meine Mutter erwischt wie sie mit einem fremden, jungen Mann meinen Vater betrogen hatte. Sie wollte mir noch nach und meinte das ich es meinem Vater nicht erzählen sollte, doch das Geheimnis wollte ich nicht tragen und so rief ich meinen Vater an um es ihm zu sagen. Dieser wirkte jedoch nicht wirklich geschockt. Ich verstand schnell das er es bereits wusste und später bekam ich mit das auch er und seine Sekretären etwas am Laufen hatten. Mein Bruder ging damit rebellisch um. Regeln waren ihm egal und ich verlor mich im Ring. Jeden Tag verbrachte ich mindestens zwei Stunde dran. Meine Eltern fingen sich immer mehr an zu streiten, doch trennen wollten sie sich nicht. Sie spielten die glückliche Familie und immer wieder gaben sich an das ich große Ziele fürs Leben hatte. Diese waren natürlich besser und pflichtbewusster als die von meinem Bruder. Das kotzte mich so sehr an das ich mich dafür entschieden habe sie anzulügen. Das war nicht mal so schwer. Durch ihre viele Arbeit und dem ganzen Streit konnte ich ihnen leicht verkaufen das ich zu Ärzte ohne Grenzen gegangen bin. Eigentlich war das was alle meine Freunde glauben. SO bin ich in den nächsten Flieger und habe mir immer wieder Gedanken gemacht was ich für einen Job machen könnte. Ich hatte schließlich nichts und da bin ich auf den Flyer vom Zirkus gekommen. Ich habe mich hier vorgestellt und ein bisschen meine Bewerbung geändert. Bis auf die Einheiten beim Turnen hatte ich keine Profierfahrung. Dennoch hattet ihr mich genommen und ich konnte ein neues Leben aufbauen. Meinen Eltern musste ich nicht besonders oft Auskunft geben, da sie dachten das ich eh nur am Arbeiten war und sonst sehr viel lernen auf meinem Programm stand. Heute habe ich mich entschieden das ich ihnen reinen Wein einschenken muss. Ich habe ihnen alles erzählt. Vom Zirkus, von dir und von den Babys. Sie haben gesagt das ich mich schämen soll und sie nie wieder anrufen soll…Ich bin eine Lügnerin.“ So viel löste sich von mir und doch war mir schlecht. Dieses Mal konnte ich jedoch nicht an mich halten. Schnell löste ich mich von Keanu und übergab mich im nächsten Mülleimer.
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Keanu Nakai

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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptyMi März 27, 2024 5:49 pm

Als ich Nael den Vorschlag mit dem gemeinsamen Treffen machte, umarmte er mich kurz und bedankte sich. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Würden wir es vielleicht wirklich irgendwann wieder soweit bringen, dass wir als ganze Familie z.B. ein Abendessen oder sowas machen könnten? Nael schlug dann vor, ob er einfach bei meinem Treffen mit Mum dabei sein könne. Er meinte, es wäre für ihn wohl einfacher, wenn sich das Ganze nicht vor allem um ihn dreht. Ich nickte. Natürlich verstand ich das. Nael war ja noch nie der gewesen, der gerne allein im Fokus stand. Dennoch konnte ich mir denken, dass wohl der Scheinwerfer bei einem solchen Treffen doch ziemlich auf ihn gerichtet sein wird. Vor allem von Mums Seite. Soweit es mir möglich war würde ich aber natürlich versuchen, seinem Wunsch nachzukommen und die Aufmerksamkeit etwas von ihm weg zu halten. Mit den News die ich hatte bezüglich den Entwicklungen mit Sara könnte das wohl ziemlich einfach zu schaffen sein schoss es mir plötzlich durch den Kopf. Ich nickte.


[Zeitsprung]


Ich drückte Sara ganz fest an mich. Ich wollte sie abschirmen von allem um uns herum. Als ich endlich genug Luft hatte und Saras Weinen langsam etwas weniger wurde, drehte ich mein Gesicht zu ihr und flüsterte in ihre Haare "Was ist denn los mein Liebling? Was ist passiert?". Und dann prasselte es nur so aus Sara hinaus. Sie holte kaum Luft beim Sprechen und ich fühlte mich minimal überfordert bei all den neuen Infos, die sie mir auf einmal preis gab. Doch ich versuchte ihr so gut es ging zu folgen. Das Ganze schien sich sehr lange angestaut zu haben. Glaubte sie, dass all das meine Sicht auf sie verändern würde? Warum hatte sie mir das nicht früher erzählt? Naja ich konnte mir vorstellen, dass es mit der Zeit immer schwieriger werden konnte, die Wahrheit zu sagen, wenn man sich irgendwie in Lügen verstrickt... Richtig erschrocken war ich jedoch vom Umgang in ihrer Familie. Was sie mir davon erzählte. Mit ihrer aufgestellten Art hatte ich mir nie gedacht, dass in der Familie so viel schief hatte laufen können. Und als sie mir erzählte, wie ihre Mutter auf Saras "Beichte" reagiert hatte, kochte sofort eine Wut in mir hoch. Wie konnte man so mit seinem Kind umgehen, so mit seiner Tochter sprechen? Sara wand sich aus meiner Umarmung und musste sich übergeben. Wütend stand ich auf. "Wie kann man nur... wie dreist ist das denn bitte... begann ich zu zettern. Ich blickte in Saras erschrockenes Gesicht und meine Augen weiteten sich, als ich merkte dass sie das auch falsch verstehen und auf sich beziehen könnte. Ich ging wieder zu ihr und schlang meine Arme um sie "Also ich meine deine Eltern... Wie kann man mit seinem Kind so sprechen. Mein Sonnenschein, ich verstehe, wenn es dich traurig macht und enttäuscht. Aber denk daran, du hast hier eine neue Familie gefunden. Der ganze Zirkus steht hinter dir und ganz besonders ich, Nael, Maike und Dad." und hoffentlich meine Mum dann auch... fügte ich in Gedanken hinzu. "Wir brauchen so negative Vibes gar nicht. Und wenn sie dein Angebot, Teil deines, nein unseres Lebens zu sein nicht zu schätzen wissen, dann haben sie es auch nicht verdient. Wir haben unsere eigene kleine Familie mein Schatz." vorsichtig legte ich meine Hand auf ihren Bauch. "Und ich verspreche, dass ich alles in meiner Macht stehende tun werde, dass unsere Familie nie so endet wie meine oder deine. Ich werde immer hinter dir und unseren Kindern stehen. Egal was die kleinen Schlingel alles anstellen werden..." Ich zog Sara ganz nah zu mir und küsste sie sanft auf die Wange und dann auf die Stirn.

"Komm meine Liebe, wollen wir zurück zum Zirkus? Ich glaube du hast dir einen kleinen Wellness- / Spa-Tag verdient. Soweit das in einem Tiny House möglich ist....". Hand in Hand spazierten wir zurück zu unserem Tiny House. Ich versuchte, ihr den Nachmittag so angenehm wie möglich zu machen. Zuerst liess ich sie ausgiebig duschen. In der Zwischenzeit war ich in den Speisewagen gegangen und hatte mir einige süssen Gebäcke und Früchte geholt und schön auf Teller drapiert. Zudem hatte ich Sara einen Tee gemacht, gemütliche Musik eingeschaltet und Massageöl hervorgekramt. Ich schnappte mir kurz mein Handy und schrieb Nael Sorry, dass ich so schnell weg war... Den Babys geht es gut aber Sara ist ziemlich mitgenommen von einem Gespräch mit ihren Eltern. Sie braucht mich gerade. Ist okay, wenn wir heute am späteren Nachmittag weiter Wohnwagen ausräumen? Sorry nochmals.... Kaum hatte ich mein Handy weggesteckt, kam auch schon Sara aus dem Badezimmer. Ich lächelte sie liebevoll an. "Na meine Hübsche? Was brauchst du gerade?" mit einer ausschweifenden Handbewegung über die vorbereiteten Dinge auf dem Wohnzimmertischchen blickte ich sie an.
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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptyDo März 28, 2024 9:11 pm

Maike wusste leider auch nicht, was Sara so mitgenommen hatte. Sie konnte jedoch zumindest bestätigen, dass es den Babys gut geht. Und das war gut genug für mich, um die beiden für einen Moment alleine zu lassen. Ich löste meinen Blick von meinem Bruder und seiner Freundin und nickte leicht, als Maike es vorschlug. Hand in Hand gingen wir auf das Zirkuszelt in der Ferne zu. Es war noch nicht einmal Mittag und trotzdem fühlte es sich an, als ob der Tag schon ewig andauerte. Zumindest für mich.
"Wie sieht es eigentlich mit dem Wohnwagen aus? Kann ich helfen? Im Büro bini ch fertig und Training setze ich heute aus. So bekommen wir den schnell für die Beiden fertig", riss mein Engel mich aus meinen Gedanken.
"Um ehrlich zu sagen, immer noch ziemlich überstellt. Keanu und ich haben angefangen, aber dann sind wir ins Reden gekommen und haben die alte Weihnachtsdeko für einen Moment vergessen", gab ich zu. "Aber wir können sehr gerne zurück zum Wagen gehen und weitermachen, wenn du magst. Das würde Keanu sicher auch ein wenig Last von den Schultern nehmen."
Wir überquerten die Strasse und erreichten den Parkplatz. "Sollen wir zuerst noch schnell zurück zum Tiny House. Dann kann ich uns ein paar Brote zum Mittagessen schmieren und du kannst duschen oder dich umziehen." Mir war vorhin schon aufgefallen, dass sie ihre Sportkleidung trug, obwohl sie sagte, dass sie das Training heute auslassen würde. Ich fragte mich, ob das einfach Gewohnheit war oder ob vielleicht doch mehr dahinter steckte. Aber ich vertraute darauf, dass sie es mir erzählen würde, falls das so war.

Maike war einverstanden und so stand ich bald darauf in der Küche und schmierte uns Brote während Maike sich im Bad frisch machte. Wir hatten nicht mehr allzu viel im Kühlschrank, aber für zwei Sandwiches mit Tomate-Mozarella-Salat-Füllung reichte es. Dazu füllte ich uns den kalten Tee, der noch vom Frühstück übrig war, in eine Flasche und stellte alles auf dem Esstisch neben der Tür bereit.
Da Keanu's und mein Training wahrscheinlich auch ausfallen würde, wechselte auch ich zurück in meine Strassenkleider. Maike kam gerade aus dem Bad als ich mir meinen Pulli von oben herunter geholt hatte. "Fühlt sich schon fast etwas fremd an, nicht?", meinte ich und deutete auf ihre und meine "normalen" Kleider. Seit wir wieder im Zirkus waren, hatte es selten einen Grund gegeben nicht in Sportklamotten oder Kostüm rumzulaufen. Zumindest nicht einen ganzen Tag.
Wir nahmen unser Mittagessen mit und machten uns zurück auf den Weg zum Wohnwagen. Die Kisten, die wir bereits aussortiert hatten, standen immer noch vor der offenen Tür. "Wie du sehen kannst, hatten wir es sehr eilig hier wegzukommen, als Keanu deine Nachricht gesehen hat", entschuldigte ich den chaotischen Anblick. "Jeder zwei, drei Kisten und dann Mittagspause?", schlug ich vor und nickte mit dem Kopf nach drinnen.

Ich fand die Kiste, an der ich zuletzt gearbeitet hatte schnell wieder und steckte schon nach wenigen Minuten wieder ellbogentief in Lichterketten. Maike hatte sich die Kiste vorgenommen, die Keanu offen stehen gelassen hatte und sass mit den Weihnachtsornamenten auf dem Bett. Ich dagegen hatte mich für den Boden entschieden, da ich so einfacher an die Steckdose kam, um die Ketten einzustecken und zu überprüfen, ob alle Lichter funktionierten.
"Keanu und ich habe über unsere Mutter gesprochen. Ich glaube ich werde mitgehen, wenn er sie trifft...," erzählte ich ihr während ich die zweite Kette abrollte und dann einsteckte. "Ich hab zwar keine Ahnung, ob das eine gute Idee ist." Ich drehte meinen Kopf zu ihr. "Was hältst du davon?"
Maike drehte sich ebenfalls zu mir und ich glaubte gesehen zu haben, wie sie kurz scharf Luft einzog und ihr Gesicht verzog. Der Schmerz genauso schnell aus ihrem Gesicht verschwunden, wie er aufgetaucht war, doch ich war mir sicher, ihn gesehen zu haben. "Ist alles in Ordnung bei dir? Hast du Schmerzen?"
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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptyDi Apr 02, 2024 9:07 pm

Es brauchte nur den Mut und dann kam es einfach wie bei einem Wasserfall nur so aus mir heraus. Alles los zu werden tat mir gut. Die ganze Last der letzten Monate war nun von der Seele geredet. Keanu hörte und nahm erst einmal alles so hin. Genau darum hatte ich ihn gebeten. So ganz wusste ich nicht ob er mir noch folgen konnte. Ich erzählte zuende und dann kam die Übelkeit nur so aus mir heraus. Wie Keanu wohl reagieren würde. Meine Angst wuchs und zuerst taten sich all meine Ängste auf. Er stand wutentbrannt auf und meinte: "Wie kann man nur... wie dreist ist das denn bitte... Ich wollte direkt mich entschuldigen und um Verzeihung bitten. Was würde ich nur ohne ihn machen? Niemals würde ich das mit den Zwillingen ohne ihn schaffen. Das war etwas da war ich mir zu 100% sicher. Wie sollte ich das nur formulieren? Wo konnte ich mit meiner Entschuldigung nur anfangen?
Er sah zu mir und jetzt war eigentlich der richtige Moment sich zu entschuldigen, doch er sah plötzlich selber geschockt aus und nahm mich direkt in den Arm. Das verwirrte mich sehr. Seine Worte waren jedoch sehr erklärend. Er verstand die Reaktion meiner Eltern nicht.
Er versicherte mir das ich hier eine neue Familie hatte und diese hinter mir standen. Selbst wenn ich gelogen hatte und das bedeutete mir wirklich viel. Vielleicht hatte er recht und es war zeit sich von meinen Eltern zu verabschieden. Zu akzeptieren das sie keine guten Eltern waren und es nun meine Chance war eine bessere Mutter zu werden. Das war wirklich nicht einfach zu verstehen. “Wir haben beide nicht besonders gute Eltern in unserer Kindheit gehabt. Meinst du das wir es besser machen können ohne ein gutes Vorbild zu haben?“ kam es von mir und ich ließ ihn die Babys im Bauch streichen. Sie liebten das, da war ich mir so unglaublich sicher.

Seine Liebkosungen taten mir gut und ich war mir nun sicher das er mir nicht böse war. Hand in Hand ging es zurück zum Zirkus und die Aussicht auf einen Spar/ Wellness Nachmittag waren etwas Besonderes. Die Zeit mit Keanu war immer ein bisschen begrenzter. Das merkte ich erst jetzt wo ich selber mehr Zeit alleine und ohne Arbeit verbringen musste. Der Zirkus benötigte so viel Zeit und Überstunden gab es hier nicht, die wurde nicht hochgerechnet. Dennoch war es der erste Ort wo ich mich nicht unter Druck gesetzt fühlte. Für einige unvorstellbar, doch für mich war es toll hier.

Keanu schickte mich ins Bad und ich nahm das Ganze nur dankend an. Zudem wollte ich meine Zähne putzen. SO konnte ich ihm wirklich keinen Kuss geben. Sich ständig Übergeben zu müssen war wirklich schrecklich. Sonst kam das bei mir nur mit einer Magen-Darm-Grippe. Meine Zähne putzte ich ordentlich und dann stieg ich in die warme Dusche. Die Anspannung war wirklich schnell etwas abgewaschen und ich schlüpfte in gemütliche Kleidung. Eine Jogginghose und einen kuscheligen Pullover waren da schon ganz angenehm.
So ging ich zurück zu Keanu. Dieser hatte sich in der kurzen Zeit so unglaublich Mühe gegeben. Ruhige Musik spielte und er hatte etwas vom Essenswagen geholt. Er war so aufmerksam. “Dich. Du bist das was ich brauche. Danke für das was du für mich tust. Ich liebe dich Keanu.“ Ich ging auf ihn zu und musste meine Arme einfach um ihn legen. Er bekam den Kuss auf die Lippen und ich strahlte ihn einfach nur breit an. “Ich würde sehr gerne etwas essen. Die beiden Würmchen brauchen auch etwas. Bald würde ich kugelrund werden und da brauchte ich unbedingt noch neue Kleidung.

Der Nachmittag war wirklich toll. Ich bekam das volle Verwöhnprogram von meinem Freund. Er ließ mich den Stress mit meiner Mutter gegessen, machte mir aber auch noch einmal deutlich das auch er stress mit seiner Mutter hatte. “Sind Nael und du eigentlich auf eine Lösung bekommen? Das gestern mit eurer Mutter war nun auch nicht wirklich eine gute Geschichte.“ SO verstrich die Zeit wirklich wie im Flug.
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Maike Debbler

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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptyDi Apr 02, 2024 9:18 pm

Ich hatte die Idee noch etwas im Wohnwagen zu schaffen und auch Nael empfand es als eine gute Idee. Wie erwartet hatten sie über die Situation von gestern gesprochen. Es war gut so und ich hoffte das Nael es geschafft hatte sich etwas Last von der Seele zu reden. So viele Jahre hatte er das mit sich selber und den ganzen Drogen und Selbstverletzungen ausgemacht. Nun war es anders, er war viel weiter als das. Die Therapie die er besuchte war wirklich ein unglaublicher Schritt in die richtige Richtung.

Wir kamen immer dichter zum Zirkus und mein Freund schlug vor das wir uns erst zu Hause noch einmal umziehen und etwas zu essen mitsollten. Die Idee das auch noch eine Dusche für mich drin war, klang überragend. Gesagt getan und ich war schneller unter der Dusche als ich bis drei zählen konnte. Das Wasser tat meinen Muskeln gut und ich konnte dennoch gut spüren wie sehr mich der kurze Fall doch noch schmerzte. Dennoch gab ich mich nicht geschlagen. Die Sportsalbe war schnell gegriffen und ich schmierte mir so gut es ging damit den Rücken ein. Morgen würde es vielleicht schon etwas anders aussehen.

Die Klamotten die ich trug saßen nicht ganz so locker wie ich es gewohnt war. Meine Bluejeans und die weiße Oversizebluse kamen mir fremd vor. Es gab kaum noch Gründe in solcher Kleidung zu sein. Wir hatten keine Schule mehr und das waren noch Möglichkeiten so herumzulaufen.
Ich ging aus dem Bad und sah Nael auch das erste Mal seit langem in Alltagskleidung. Es war schon komisch das er das Gleiche dachte wie ich. “Ja, das habe ich auch gedacht. Ich hoffe das bald mehrere Momente gibt in denen wir uns mal Zeit für den Alltag nehmen können.“ Meine Hand griff zu dem Essen was Nael so schön für uns fertig gemacht hatte. “DU hast aus dem was da war noch etwas gezaubert. Vielleicht schaffe ich es spätestens Morgen etwas einzukaufen. Kam bei mir etwas das schlechte Gewissen. Der Haushalft war wirklich das Letzte an das ich wirklich gedacht hatte.

Gemeinsam kamen wir an den Wohnwagen an und es war wirklich noch ein ganz schönes Chaos. Es standen bereits Kisten noch vor der Tür und er erklärte auch direkt die Situation. Als bekannt wurde das Sara Hilfe brauchte wurde alles stehen und liegen gelassen. Das war auch genau das was ich hätte getan. Half uns leider nur nicht besonders weiter. Die Abmachung war das wir jeder zwei bis drei Kisten sortierten und uns dann eine Mittagspause gönnten. Die Idee war gut und so machten wir uns an die Arbeit.

Ich bekam die Kiste mit den Weihnachtsornamenten. Diese schaute ich durch und wenn eine zerbrochen war kam sie in eine Plastiktüte die wir wegschmeißen konnten. Schon komisch mir hier Weihnachten vorzustellen. Schnee uns Kälte waren hier nicht wirklich ein Begriff und auch das Schmücken einer Tanne konnte hier kaum das Gleiche sein wie in Deutschland. Es würde neue Traditionen geben und ich würde sie alle kennenlernen.
Nael schaute sich die Lichterketten an und prüfte direkt ob die noch alle funktionierten. Aus dem Augenwinkel sah ich eine mit Zirkustieren. Das wäre vielleicht noch ein gutes Geschenk für die kleine Kelly. Sicher würde sie es lieben und sie könnte es sich in ihr kleines Zimmerbereich aufhängen.

So arbeiteten wir noch etwas weiter und irgendwann kam Nael ins Sprechen. „Keanu und ich habe über unsere Mutter gesprochen. Ich glaube ich werde mitgehen, wenn er sie trifft...," Es half ihm dabei zu arbeiten und ich ließ ihn von sich aus erzählen. Seine Worte überraschten mich etwas. Er wollte sie wirklich sehen. Nach allem was gewesen war. “Ich hab zwar keine Ahnung, ob das eine gute Idee ist." fügte er noch hinzu und richtete seinen Blick auf mich. Ich hatte gerade einen Weihnachtsmann in Badehose und Surfbrett in der Hand und überprüfte sie nach einer Macke. Was hältst du davon?" kam noch von ihm und ich drehte mich zu ihm. Es kam einmal wieder die Erinnerung an meinen Muskelkater und ich verzog das Gesicht vor Schmerz. Es nervte mich wirklich und dieses Mal hatte Nael gesehen das ich Schmerzen hatte.
Das ich heute gefallen war, dass sollte kein Geheimnis sein und doch waren wir nicht darauf zu sprechen gekommen. “Ich bin heute beim Training von Ring gefallen. Bin dabei ein bisschen blöd auf den Rücken gekommen. Habe das bereits abgeklärt. Es ist Muskelkater und heute soll ich den Sport lieber lassen. Vielleicht müsstest du die schweren Kisten auch schleppen, aber Morgen sieht die Welt wieder anders aus und ich werde mich an die Sportpause für heute halten. Nach dem letzten Unfall höre ich wirklich mehr auf meinen Körper. Jetzt hatten wir das Thema wieder auf mich gelenkt, dabei war er gerade aus sich heraus gekommen. Vielleicht kam es ihm gelegen. Dennoch wollte ich noch etwas dazu sagen. “Und zum Thema treffen mit deiner Mutter… Du musst wissen was für dich der richtige Weg ist. Ich werde es dir nicht sagen. Für einmal möchte ich mich nicht in etwas einmischen. Es ist Keanus und deine Gesichte und wie ihr das alleine oder gemeinsam Regeln wollte. Der Streit war schlimm für mich und ich möchte niemals mehr eine solche Grenze überschreiten. Klar will ich alles wissen und habe meine Meinung dazu, doch beeinflussen sollte ich dich nicht. Nicht im Thema deine Familie. Ich vertraue darauf das du einschätzen kannst was dir gut tut und was nicht und so solltest du handeln. Wie auch immer dann deine Entscheidung aussieht.
Es hatte sich richtig angefühlt es so zu sagen. Das war wirklich etwas worüber ich mir viel Gedanken gemacht hatte. Die gesamte Zeit wo ich mir so sehr den Kopf zerbrochen habe über das was er wohl gerade über seine Mutter dachte und wie es ihm damit ging und jetzt öffnete er sich und wollte wissen ob es der Richtigen war. Das konnte ich selber nicht sagen. Ich wusste nur das ich für ihn da sein wollte, egal was seine Entscheidung war.

So reichte ich ihm seine Sandwich und nahm mein eigenes. Wir hatten zwar noch nicht so viel geschafft, doch nach dem Essen würden wir sicher noch die eine oder andere Kiste schaffen. Sogar den Vorschlag mit der Lichterkette für Kelly konnte ich noch Nael vorschlagen.
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BeitragThema: Re: Zirkus Zitkala   Zirkus Zitkala - Seite 8 EmptyMi Apr 10, 2024 9:26 am

Ich hielt Sara fest in meinen Armen. Sie fragte mich: “Wir haben beide nicht besonders gute Eltern in unserer Kindheit gehabt. Meinst du das wir es besser machen können ohne ein gutes Vorbild zu haben?“. Ich überlegte mir das kurz und zuckte leicht mit den Schultern. "Ich glaube, dass man das im Vornherein nie weiss. Also ob man wirklich gute Eltern sein wird. Wir werden bestimmt auch unsere Fehler machen, aber das ist glaube ich normal. Und wir haben zumindest 2 Vorbilder wie wir es auf keinen Fall machen möchten, das ist doch auch schon mal etwas." sanft strich ich über Saras Bauch. Noch war er klein und von aussen war es nicht wirklich zu erkennen, dass darin 2 Babys heranwuchsen.

Gemeinsam gingen wir zurück zum Zirkus und ins Tiny House. Während Sara sich frisch machte, organisierte ich Snacks und versuchte, etwas Spa-Stimmung im kleinen Häuschen zu schaffen. Sara schien sich darüber zu freuen, als sie aus dem Badezimmer kam. Ich betrachtete sie liebevoll. Sie sah so hübsch aus. Auf meine Frage, was sie gerade brauchte, antwortete sie, dass sie gerade mich brauche und mich liebe. Sie kam auf mich zu und legte ihre Arme um mich. Ich erwiderte ihre Umarmung und dann küssten wir uns. Dann wurde ich von meinem Sonnenschein breit angegrinst und sie meinte, dass sie nichts gegen etwas zu Essen hätte. Wir schnappten uns also die mitgebrachten Snacks und mümmelten uns damit aufs Sofa.


Sara bekam danach eine entspannende Massage von mir, wir tranken Tee, hörten Musik, plauderten und lachten zusammen... Als es einmal etwas ruhiger wurde, fragte mich Sara, ob Nael und ich auf eine Lösung gekommen sind bezüglich unserer Mutter. Ich nickte und begann zu erzählen: "Ja, ich war echt überrascht, Nael begann von sich aus mit dem Thema. Er ist glaub ziemlich hin und hergerissen. Einerseits haben sich da bei ihm echt viele Gefühle angestaut. Andererseits möchte er das Ganze aber auch hinter sich lassen. Und ich hab mich etwas mies gefühlt. Ich hatte mir früher nie überlegt, dass die Dinge, die ich eher als Bürde anschaute im Rahmen der Trennung diejenigen waren, die Nael sich gewünscht hätte. Weisst du so um die gleichen Freunde herum und in der gleichen Umgebung zu bleiben wie als wir noch zusammen waren. Ich sah es als schwierigeren Punkt an, weil man überall und durch jeden daran erinnert wurde, was einem fehlt. Doch Nael wünschte sich das fast als Sicherheit. Da hab ich mich irgendwie ziemlich egoistisch gefühlt, dass ich mir das nie aus seiner Sicht überlegt hatte. Ich hatte auch nie so stark das Gefühl wie er, dass der eine Elternteil sich aktiv gegen einen von uns entschieden hat. Nur als "notwendiges Übel", dass sie halt je einen aussuchen mussten. Nael sagte mir zwar schon, dass er nicht will, dass ich mich deswegen schlecht fühle. Aber ich weiss nicht... irgendwie fühlt es sich so gemein von mir an." es sprudelte nur so aus mir heraus und ich hoffte, dass Sara dem ganzen so folgen könnte und es nicht zu diffus erzählt war. "Naja, auf jeden Fall habe ich Nael angeboten, dass wir unsere Mutter auch gemeinsam treffen könnten. Und er hat das angenommen. Ich hoffe das kommt gut..." ich lächelte Sara etwas an und wartete auf ihre Reaktion darauf.
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